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Rezension zu
Der Zug der Waisen

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Nur billige Arbeitskräfte

Von: mabuerele aus W.
09.11.2014

„…Sie hat sich mit dem zufrieden zu geben, was sie bekommt, und das ist selten das, was sie sich wünscht…“ Wir schreiben das Jahr 2011 in Spruce Harbor. Die 17jährige Molly lebt bei Pflegeeltern. Doch zwischen Molly und der Pflegemutter Dina gibt es Spannungen. Hinzu kommt, dass Molly in der Bibliothek ein Buch gestohlen hat. Nun hat sie die Wahl zwischen einer Jugendhaft oder 50 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Ihr Freund Jack vermittelt ihr eine Beschäftigung bei einer alten Dame. Molly soll Vivian beim Ausräumen des Bodens helfen. Die Geschichte wechselt in das Jahr 1929. Die 9jährige Niamh ist mit ihren Eltern und Geschwistern aus Irland nach New York gekommen. Der Traum von einem besseren Leben aber zerschlägt sich schnell. Bei einem Brand verliert Niamh ihre Familie. Zusammen mit anderen Waisenkindern wird sie in einen Zug gesetzt und in den Westen des Landes geschickt. Dort warten Pflegeeltern auf die Kinder. Das Buch arbeitet ein dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte auf und verbindet das geschickt mit der Gegenwart. Bei der Arbeit auf dem Boden erzählt Vivian, die einst Niamh hieß, Molly ihre Geschichte. Gleichzeitig vollzieht sich bei Molly eine Wandlung. Ihr Leben, das bisher auf Protest gesetzt hat, bekommt eine neue Aufgabe und eine Hoffnung für die Zukunft. Das Buch lässt sich zügig lesen und hat mich schnell in seinen Bann gezogen. Dazu beigetragen hat nicht nur die bittere Lebensgeschichte von Vivian, sondern auch die gewollt eingesetzten Parallelen zwischen Molly und Vivian. Beide haben in jungen Jahren die Eltern verloren, Lieblosigkeit kennengelernt und waren mehr geduldet als gewollt. In der Vergangenheit war die Arbeitskraft des Kindes der Grund für seine Aufnahme, heute das Pflegegeld. Der Schreibstil ist über weite Strecken sachlich. Dadurch wird insbesondere in der Vergangenheit das harte Leben der Kinder deutlich. Sie wirken traumatisiert und zu keiner Reaktion fähig. Anweisungen werden widerspruchslos ausgeführt. Nur wenige lehnen sich dagegen auf – und das bekommt ihnen nicht gut. In der Gegenwart stehen die Dialoge von Molly mit Dina, aber auch mit Jack für den eigenen Willen der jungen Frau, die sich nicht verbiegen lassen will. Die Handlungsorte werden ausführlich beschrieben. Dafür findet die Autorin treffende Metapher. Als die Hoffnung auf Besserung wächst, wird der Sprachstil emotionaler. Dass betrifft auch die abschließenden Kapitel der Gegenwart. Gut gefallen hat mir, dass wichtige historische Themen eingearbeitet wurden. Dazu gehören die Folgen der Weltwirtschaftskrise und des zweiten Weltkrieges, aber auch der Umgang mit den Indianern. Wichtig finde ich die kurze Darstellung der Geschichte der Züge der Waisen im Anhang und ihre Veranschaulichung durch konkrete Fotos. Das rundet das Buch ab, denn ein Roman erzählt immer nur wenige Einzelschicksale. Das in verschiedenen Grautönen gehalten Cover mit den Kindern, wobei die Schrift in Rot abgesetzt wirkt, finde ich gelungen. Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die abwechslungsreiche und vielschichtige Geschichte hat mich tief berührt.

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