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Rezension zu
Wir haben das KZ überlebt - Zeitzeugen berichten

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Gegen das Vergessen

Von: Anne-Marit Strandborg
24.04.2017

Über 70 Jahre ist die Befreiung von Auschwitz her. Die Menschen, die dort eingekerkert waren, haben die Hölle auf Erden erlebt. Doch viele Überlebende gibt es mittlerweile nicht mehr. Einige hat Reiner Engelmann aufgesucht und sie befragt. Und sie waren bereit, zu erzählen. Aufgeschrieben wurden diese Erinnerungen für Jugendliche. "Niemand kann aus der Geschichte seines Volkes austreten. Man soll und darf die Vergangenheit nicht auf sich beruhen lassen, weil sie sonst auferstehen und zu neuer Gegenwärtigkeit werden könnte." Jean Amery Meine Großtante wurde 1911 geboren, hat also beide Weltkriege miterlebt. Im Zweiten Weltkrieg, das weiß ich von einem Onkel, hat sie jüdische Mitbürger versteckt – aber sie selbst hat nie ein Wort über diese Zeit verloren. Dabei war ich sehr interessiert und habe Fragen gestellt. Doch bis zu ihrem Tod hat sie geschwiegen. Esther Bejarano stammt aus einer musikalischen Familie. Als Kind lernte sie das Klavierspielen. Schon mit zehn Jahren spürte sie die politischen Veränderungen, musste eine jüdische Schule besuchen. Zwei jüngere Geschwister wurden zur Sicherheit ins Ausland geschickt, doch eigentlich glaubte der Vater, dass es nicht so schlimm werden würde und weigerte sich, mit dem Rest der Familie auszuwandern. Doch es kam schlimmer. Am 9. November 1938 brannten in Deutschland die Synagogen, jüdische Geschäfte wurden zerstört und geplündert und Juden verhaftet. Da nützte es dem Vater auch nichts, dass er auf sein Eisernes Kreuz 1 verweisen konnte, die höchste deutsche Kriegsauszeichnung. Er kam ins Gefängnis und wurde dann nach Breslau versetzt, während Esther in die Jugend-Aliah-Schule in Berlin kam, die ein Vorbereitungslager zur Auswanderung nach Palästina war. Doch diese Lager wurden 1941 geschlossen, die Jugendlichen in Zwangsarbeitslager gesteckt. Esther kam nach Neuendorf bei Fürstenwalde in ein Lager. Sie musste in einem Blumengeschäft 12 Stunden täglich arbeiten. Während der Besitzer manierlich mit ihr umging, waren es die Kunden, die sich nicht mehr von einer Jüdin bedienen lassen wollten. Ende des Jahres erhielt Esther den Auftrag, die Wohnung der Eltern zu räumen. Sie sah, dass diese überhaupt nichts mitgenommen hatten und erfuhr erst später, dass die Eltern zu dem Zeitpunkt nicht mehr lebten. Und dann kam Auschwitz. Das Kapitel über Esther Bejarano ist überschrieben mit Ich habe viel Glück in meinem Leben gehabt. Auf jeden Fall hatte sie das Glück, den Horror zu überleben. Sie ging nach dem Krieg nach Palästina, heiratete dort und ging dann aber mit ihrem Mann nach Hamburg zurück. Und dann, wenn sie Menschen sah, die ungefähr ihr Alter hatten, kamen die Fragen: Wussten die was? Haben die geschwiegen? Waren unter ihnen sogar Täter? Esther Bejarano wollte sich rächen, wie, das wusste sie damals noch nicht. Es war auch kein Rachedurst gegen einzelne Personen, sondern gegen das System. Seit 1979, nach einem Schlüsselerlebnis mit der deutschen Polizei, schaut ihre Rache nun aus: singend auf der Bühne und erzählend in den Schulen – ich verneige mich. Nicht nur Esther Bejarano kommt in diesem Buch zu Wort. Weitere Zeitzeugen berichten über ihr Leben: Edward Paczkowski: „Wir sind alle Menschen! Wir wollen leben!“ Erna de Vries: „Ich wollte noch einmal die Sonne sehen.“ Josef Königsberg: „Erinnerung ohne Hass.“ Philomena Franz: „Wenn wir hassen, verlieren wir. Wenn wir lieben, werden wir reich.“ Heinz Hesdörffer: „Ich rede, damit ihr wisst, wie es damals war!“ Karol Tendera: „Wir Slawen haben keinen Hass in uns.“ Eva Mozes Kor: „Ich habe den Nazis vergeben.“ Tadeusz Sobolewicz: „Vergebung, Versöhnung ist wichtig! Aber wir dürfen nicht vergessen!“ Max Mannheimer: “ Versöhnung als Stärke.“ Dieses Buch ist zwar für Jugendliche aufgearbeitet worden, aber es dürfen auch gerne Erwachsene lesen, die sich noch unschlüssig sind, wem sie ihre Stimme verweigern sollen.

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