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Rezension zu
Was ich liebe - und was nicht

Momente der Entrücktheit

Von: YukBook
09.02.2017

Da ich von Hanns-Josef Ortheil bisher nur wenig gelesen habe, wundere ich mich selbst, was mich an diesem Buch so gereizt hat. Können Ortheils Vorlieben und Abneigungen so interessant sein, dass sie mir ein schönes Leseerlebnis bescheren? Die Antwort lautet ja! Schon die Einführung ist sehr interessant: Man erfährt, dass sich bereits in der Antike Philosophen und Schriftsteller gerne über beliebte Themen in brieflichem oder mündlichem Dialog austauschten. Ortheil folgt dieser Tradition und teilt uns seine persönliche Einstellung zu verschiedenen Lebensbereichen mit, von Reisen über Essen bis hin zu Medien und Sport. Er möchte den Lesern eine Art Spiegel vorhalten, in dem sich der eine oder andere erkennt. Und genau das passierte mir gleich mehrmals. Ortheil lädt uns in für ihn typische Alltagssituationen ein, zum Beispiel auf eine lange Zugfahrt, bei der er interessante Mitreisende kennenlernt, gemeinsame Interessen entdeckt und stundenlang anregende Gespräche führt. Oder ein Treffen mit einem guten Freund in einem Weinlokal, in dem sich beide derart ins Gespräch vertiefen, dass sie glatt vergessen, ihr Essen zu bestellen. Der Schriftsteller ist aber auch gern für sich allein. Immer wieder sucht er sich kleine Oasen wie ein Berliner Taxi oder ein Hotel, das er als „paradiesischen Lebensraum“ für sich entdeckt und in Salons, Bädern und Bars Momente der Versenkung genießt. Häufig verspürt er den Wunsch, vom Alltag abzudriften und Momente der Entrücktheit zu genießen. Er gibt Einblick in viele persönliche Details wie seine Heimat in Westerwald, seinen einstigen Lebenstraum, Pianist zu werden oder seine jetzige Lehrtätigkeit. Der Autor wurde mir nicht nur immer sympathischer, ich fühlte auch eine starke Verbundenheit mit ihm, weil ich so viele Empfindungen, die er sprachlich meisterhaft beschreibt, teilen konnte. Dass er zum Beispiel lieber allein als in Begleitung Museen besucht oder dass er in Filmen den Figuren so nahe kommt und den Illusionen erliegt, dass er sich glatt in sie verliebt. Auch wenn er ganz triviale Tätigkeiten beschreibt wie Fernsehen, Autofahren oder Schwimmen kommt man seiner Person und seinem Lebenskonzept so nahe, als würde man sie schon lange kennen. Ich würde mir wünschen, Ortheil ganz zufällig während einer seiner Lesereisen im Zug zu begegnen und mich über japanische Haikus und Gott und die Welt zu unterhalten. Bis dahin nehme ich vorlieb mit diesem wunderbaren Buch voller inspirierender und humoristischer Gedankengänge und folge vielleicht Ortheils Aufforderung, selbst ein Buch zu schreiben über "was ich liebe und was nicht".

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