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Rezension zu
Nebel im August - Filmbuch

Ernst Lossa bekommt seine Würde zurück

Von: Umgeben von Büchern,Rose
08.01.2017

Es gibt unzählige Geschichten über den Zweiten Weltkrieg. Meist handeln sie von der Judenvernichtung und den Verbrechen der Nazis. Reicht es jetzt nicht langsam damit? Müssen wir noch ein weiteres Buch über diese grausame Zeit lesen? Die Antwort lautet: Ja. Wie bereits erwähnt, handeln die meisten Bücher über die Judenverfolgung. Ein weiteres Verbrechen der damaligen Zeit, welchem nicht einmal halb so viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, ist die Euthanasie (griechisch euthanasía = leichter Tod), was hier so viel bedeutet, wie die systematische Ermordung psychisch kranker und behinderter Menschen. Viele Menschen fielen dem Rassen- und Auslesewahn Hitlers zum Opfer. Willkür war das ausschlaggebende Wort. Die Auslese war beliebig, denn, wenn man sich die Opfer heutzutage ansieht, fallen sie nur selten unter den Begriff psychisch krank oder behindert. Einer dieser Opfer war auch Ernst Lossa. Er starb 1944 mit nur 14 Jahren an einer Überdosis Morphium, das ihm mit einer Spritze injiziert wurde. Sehr lange Zeit hat sich keiner um diesen Fall gekümmert. Er war nicht berühmt, wie die gleichaltrige Anne Frank. Er war ein ganz normales Kind. 2002 dann gab ein Arzt des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren Robert Domes, dem ehemaligen Lokalchef der „Allgäuer Zeitung“ in Kaufbeuren und jetzt freier Journalist, die Krankenakte des Ernst Lossa. Ab diesem Zeitpunkt begann R. Domes mit den Recherchen über das Leben des Jungen. Insgesamt viereinhalb Jahre recherchierte er, bis die Geschichte des Ernst Lossa unter dem Namen „Nebel im August“ veröffentlicht wurde. Das Leben ist fiktiv, da es kein Tagebuch wie bei Anne Frank gibt. Zwar konnten viele Informationen über die Anstaltsaufenthalte Ernst Lossas verwendet werden, allerdings lässt es sich trotzdem nur vermuten, wie das Leben des Jungen ausgesehen haben muss. Der Junge war am 1. November 1929 als Sohn einer jenischen Familie zur Welt gekommen. Die Mutter starb, als Ernst vier Jahre alt war, und der Vater verdiente als „fahrendes Volk“ nicht genug, um eine ganze Familie zu ernähren. Aus diesem Grund kamen die vier Kinder schon im jungen Alter in ein Kinderheim, nahe Augsburg. Dort wurde Ernst oft von älteren Kindern gehänselt und als Zigeuner bezeichnet. Letztendlich ist er als unerziehbar abgestempelt und in das Erziehungsheim Markt Indersdorf verlegt worden. Ein Bericht über Lossa sagt aus: „Lossa ist ein selten stark abartiges und damit gemeinschaftsunfähiges Kind. Es handelt sich um einen willenlosen, haltlosen, fast durchschnittlich begabten triebhaften Psychopathen. Er wird voraussichtlich nicht wesentlich gebessert werden.“ Die letzten zwei Jahre seines Lebens verbrachte er in der Anstalt Kaufbeuren und Irrsee, bis er ermordet wurde. Robert Domes hat die erschütternde Biografie des Jungen in einem sachlich ruhigen, detailreichen Roman verpackt. Das Buch „Nebel im August“ ist in fünf Überkapitel aufgeteilt, die jeweils einen Lebensabschnitt Ernst Lossas darstellen. Es ist interessant, wie sich die Sprache und die Gedanken des Jungen im Laufe des Buches verändern. Man merkt, wie er sich entwickelt und einige Sachen im Laufe der Zeit anders wahrnimmt und versteht. Am Anfang fällt das kindliche Denken sehr auf und an manchen Stellen muss man aufgrund der so typischen kindlichen Auffassungsfähigkeit schmunzeln. Domes verwendet sehr viele Beschreibungen, wodurch die Schauplätze und Charaktere im Buch lebendig werden. Man hat das Gefühl, selbst dabei zu sein, kann sich in die Figuren hineinversetzen und es ist fast so, als würde man die Düfte und Geräusche selbst wahrnehmen. Mit sehr vielen Adjektiven und meist kurzen, unkomplizierten Sätzen verleiht er der ganzen Geschichte etwas authentisches und Realistisches. An Domes Schreibstil wird auch klar, wie grotesk die Situation damals war. Wie ungerecht und pervers. Ohne Ausschmückungen werden die Aussagen der Ärzte, Pfleger und Schwestern dargelegt. Dabei haftet sich verstärkt die Frage im Gedächtnis fest, warum ein unschuldiges, gesundes Kind, wie Ernst Lossa, eingesperrt und umgebracht worden ist. Wo sind hier die Gerechtigkeit und die Menschlichkeit geblieben? Wie ist ein Mensch zu so etwas fähig? Und das ist genau die Denkweise, die Robert Domes erreichen möchte. Da sich die Geschichte während des Dritten Reiches ereignete, taucht auch der Nationalsozialismus nebenbei immer wieder auf. Es ist erschütternd zu lesen, wie sehr die Kinder durch Lehrer in der Schule, das Radio und anderen Kindern in ihrem Denken und in ihrer Meinung beeinflusst wurden. Sie waren stolz darauf so zu denken und haben, wie die Erwachsene damals, andere Kinder mit anderem Ursprung oder Denkweise ausgeschlossen und gehänselt. Dabei konnten sie natürlich nicht die Ausmaße und Folgen ihrer Worte erfassen. Sie waren schließlich noch Kinder und wurden schon von Beginn an ihres Lebens einer Gehirnwäsche ausgesetzt und bekamen das national – sozialistische Gedankengut vorgesetzt. Sie wurden infiltriert – keine Kritik war zugelassen. Zum Ende der Geschichte taucht immer wieder das Motiv der Dunkelheit und des Nebels auf. Ernst fühlt sich dabei nicht wohl, hat Angst und in seinem tiefsten Inneren weiß er, was all Spritzen bedeuten. Am Abend vor seinem Tod sieht er einen Nebel vom Wald her auf ihn zu kommen. Nebel im August, den nur er sieht. Es ist faszinierend und unheimlich zugleich, da die Symbolik des Nebels für den Leser klar ist. Ernsts Klugheit ist beeindruckend. Er hat das System durchschaut. Er weiß, womit er rechnen muss. Er weiß, dass er sterben wird. Er will in Erinnerung bleiben und schenkt deshalb auch seinem Freund, dem Pfleger Max Ries ein Bild von ihm, zum Andenken. Bei „Nebel im August“ handelt es sich nicht um die Biografie eines Helden. Das Buch ist nicht mit dem Tagebuch der gleichaltrigen Anne Frank zu vergleichen. Es ist die grausame, ungerechte Geschichte eines normalen Jungen, keines Psychopathen, sondern eines aufmerksamen, mutigen, freundlichen und manchmal etwas wilden Jungen, der sich nichts mehr wünscht als Freiheit, Geborgenheit und Liebe. Robert Domes hat die Faktenlage fiktiv ausgeschmückt und damit ein Leben nachgestellt, wie es gewesen sein könnte. Die Leser bekommen dadurch eine besondere Beziehung zu Ernst Lossa. Nach dem Krieg kamen viele Ärzte und Pfleger, die mit dem Euthanasieprogramm zu tun hatte milde davon. Die meisten wurden mit dem Urteil „Beihilfe zum Totschlag“ verurteilt. Das bedeutet, dass es sich bis heute bei den 2300 Opfern um Morde ohne Täter handelt. Dies ist unbegreiflich und unmenschlich. Deshalb ist es so wichtig, dass es Autoren, wie Robert Domes gibt, die auf diese Ungerechtigkeiten aufmerksam machen. Bücher wie „Nebel im August“ geben Kindern und Erwachsenen ein Gesicht und ihre Würde zurück, die ihnen durch den Nationalsozialismus genommen wurde.,Es gibt unzählige Geschichten über den Zweiten Weltkrieg. Meist handeln sie von der Judenvernichtung und den Verbrechen der Nazis. Reicht es jetzt nicht langsam damit? Müssen wir noch ein weiteres Buch über diese grausame Zeit lesen? Die Antwort lautet: Ja. Wie bereits erwähnt, handeln die meisten Bücher über die Judenverfolgung. Ein weiteres Verbrechen der damaligen Zeit, welchem nicht einmal halb so viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, ist die Euthanasie (griechisch euthanasía = leichter Tod), was hier so viel bedeutet, wie die systematische Ermordung psychisch kranker und behinderter Menschen. Viele Menschen fielen dem Rassen- und Auslesewahn Hitlers zum Opfer. Willkür war das ausschlaggebende Wort. Die Auslese war beliebig, denn, wenn man sich die Opfer heutzutage ansieht, fallen sie nur selten unter den Begriff psychisch krank oder behindert. Einer dieser Opfer war auch Ernst Lossa. Er starb 1944 mit nur 14 Jahren an einer Überdosis Morphium, das ihm mit einer Spritze injiziert wurde. Sehr lange Zeit hat sich keiner um diesen Fall gekümmert. Er war nicht berühmt, wie die gleichaltrige Anne Frank. Er war ein ganz normales Kind. 2002 dann gab ein Arzt des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren Robert Domes, dem ehemaligen Lokalchef der „Allgäuer Zeitung“ in Kaufbeuren und jetzt freier Journalist, die Krankenakte des Ernst Lossa. Ab diesem Zeitpunkt begann R. Domes mit den Recherchen über das Leben des Jungen. Insgesamt viereinhalb Jahre recherchierte er, bis die Geschichte des Ernst Lossa unter dem Namen „Nebel im August“ veröffentlicht wurde. Das Leben ist fiktiv, da es kein Tagebuch wie bei Anne Frank gibt. Zwar konnten viele Informationen über die Anstaltsaufenthalte Ernst Lossas verwendet werden, allerdings lässt es sich trotzdem nur vermuten, wie das Leben des Jungen ausgesehen haben muss. Der Junge war am 1. November 1929 als Sohn einer jenischen Familie zur Welt gekommen. Die Mutter starb, als Ernst vier Jahre alt war, und der Vater verdiente als „fahrendes Volk“ nicht genug, um eine ganze Familie zu ernähren. Aus diesem Grund kamen die vier Kinder schon im jungen Alter in ein Kinderheim, nahe Augsburg. Dort wurde Ernst oft von älteren Kindern gehänselt und als Zigeuner bezeichnet. Letztendlich ist er als unerziehbar abgestempelt und in das Erziehungsheim Markt Indersdorf verlegt worden. Ein Bericht über Lossa sagt aus: „Lossa ist ein selten stark abartiges und damit gemeinschaftsunfähiges Kind. Es handelt sich um einen willenlosen, haltlosen, fast durchschnittlich begabten triebhaften Psychopathen. Er wird voraussichtlich nicht wesentlich gebessert werden.“ Die letzten zwei Jahre seines Lebens verbrachte er in der Anstalt Kaufbeuren und Irrsee, bis er ermordet wurde. Robert Domes hat die erschütternde Biografie des Jungen in einem sachlich ruhigen, detailreichen Roman verpackt. Das Buch „Nebel im August“ ist in fünf Überkapitel aufgeteilt, die jeweils einen Lebensabschnitt Ernst Lossas darstellen. Es ist interessant, wie sich die Sprache und die Gedanken des Jungen im Laufe des Buches verändern. Man merkt, wie er sich entwickelt und einige Sachen im Laufe der Zeit anders wahrnimmt und versteht. Am Anfang fällt das kindliche Denken sehr auf und an manchen Stellen muss man aufgrund der so typischen kindlichen Auffassungsfähigkeit schmunzeln. Domes verwendet sehr viele Beschreibungen, wodurch die Schauplätze und Charaktere im Buch lebendig werden. Man hat das Gefühl, selbst dabei zu sein, kann sich in die Figuren hineinversetzen und es ist fast so, als würde man die Düfte und Geräusche selbst wahrnehmen. Mit sehr vielen Adjektiven und meist kurzen, unkomplizierten Sätzen verleiht er der ganzen Geschichte etwas authentisches und Realistisches. An Domes Schreibstil wird auch klar, wie grotesk die Situation damals war. Wie ungerecht und pervers. Ohne Ausschmückungen werden die Aussagen der Ärzte, Pfleger und Schwestern dargelegt. Dabei haftet sich verstärkt die Frage im Gedächtnis fest, warum ein unschuldiges, gesundes Kind, wie Ernst Lossa, eingesperrt und umgebracht worden ist. Wo sind hier die Gerechtigkeit und die Menschlichkeit geblieben? Wie ist ein Mensch zu so etwas fähig? Und das ist genau die Denkweise, die Robert Domes erreichen möchte. Da sich die Geschichte während des Dritten Reiches ereignete, taucht auch der Nationalsozialismus nebenbei immer wieder auf. Es ist erschütternd zu lesen, wie sehr die Kinder durch Lehrer in der Schule, das Radio und anderen Kindern in ihrem Denken und in ihrer Meinung beeinflusst wurden. Sie waren stolz darauf so zu denken und haben, wie die Erwachsene damals, andere Kinder mit anderem Ursprung oder Denkweise ausgeschlossen und gehänselt. Dabei konnten sie natürlich nicht die Ausmaße und Folgen ihrer Worte erfassen. Sie waren schließlich noch Kinder und wurden schon von Beginn an ihres Lebens einer Gehirnwäsche ausgesetzt und bekamen das national – sozialistische Gedankengut vorgesetzt. Sie wurden infiltriert – keine Kritik war zugelassen. Zum Ende der Geschichte taucht immer wieder das Motiv der Dunkelheit und des Nebels auf. Ernst fühlt sich dabei nicht wohl, hat Angst und in seinem tiefsten Inneren weiß er, was all Spritzen bedeuten. Am Abend vor seinem Tod sieht er einen Nebel vom Wald her auf ihn zu kommen. Nebel im August, den nur er sieht. Es ist faszinierend und unheimlich zugleich, da die Symbolik des Nebels für den Leser klar ist. Ernsts Klugheit ist beeindruckend. Er hat das System durchschaut. Er weiß, womit er rechnen muss. Er weiß, dass er sterben wird. Er will in Erinnerung bleiben und schenkt deshalb auch seinem Freund, dem Pfleger Max Ries ein Bild von ihm, zum Andenken. Bei „Nebel im August“ handelt es sich nicht um die Biografie eines Helden. Das Buch ist nicht mit dem Tagebuch der gleichaltrigen Anne Frank zu vergleichen. Es ist die grausame, ungerechte Geschichte eines normalen Jungen, keines Psychopathen, sondern eines aufmerksamen, mutigen, freundlichen und manchmal etwas wilden Jungen, der sich nichts mehr wünscht als Freiheit, Geborgenheit und Liebe. Robert Domes hat die Faktenlage fiktiv ausgeschmückt und damit ein Leben nachgestellt, wie es gewesen sein könnte. Die Leser bekommen dadurch eine besondere Beziehung zu Ernst Lossa. Nach dem Krieg kamen viele Ärzte und Pfleger, die mit dem Euthanasieprogramm zu tun hatte milde davon. Die meisten wurden mit dem Urteil „Beihilfe zum Totschlag“ verurteilt. Das bedeutet, dass es sich bis heute bei den 2300 Opfern um Morde ohne Täter handelt. Dies ist unbegreiflich und unmenschlich. Deshalb ist es so wichtig, dass es Autoren, wie Robert Domes gibt, die auf diese Ungerechtigkeiten aufmerksam machen. Bücher wie „Nebel im August“ geben Kindern und Erwachsenen ein Gesicht und ihre Würde zurück, die ihnen durch den Nationalsozialismus genommen wurde.

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