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Rezension zu
Die Entscheidung

Massenware

Von: ralfreitze
13.10.2016

Warum schreibt ein Schriftsteller? Um Geld zu verdienen? Um seine Aussage an den Leser zu bringen? Um auf ein aktuelles Thema hinzuweisen? Um zu unterhalten? Wohl von allem ein bisschen (von Sachbüchern und Hetzschriften mal abgesehen). Charlotte Link ist seit Jahrzehnten eine sehr erfolgreiche Schriftstellerin und hat eine treue Fangemeinde.Bis dato hatte ich noch kein Buch von ihr in der Hand. Und bis dato sah ich auch keine Veranlassung, eines in die Hand zu nehmen. Mainstream hat mich immer abgeschreckt, ist es doch für mich der kleinste gemeinsame Nenner, ohne Ecken und Kanten, wenn es vielen gefällt kann es nicht den für mich individuellen Geschmack haben. Habe ich jetzt wegen des gemeinsamen Geburtsjahres (nachträglich alles Gute zum Geburtstag Frau Link (am 5.10)) oder wegen ihrer Geburtststadt Frankfurt am Main (mit der mich auch vieles verbindet), dieses Buch in die Hand genommen? Vielleicht wollte ich auch verstehen, warum meine Frau bei ihren Büchern so begeistert ist, dass alle in unseren Bücherregalen versammelt sind. Außerdem spielt das neue Buch in meiner heißgeliebten Provence. Und so nahm ich den neuesten Thriller (ein Kriminalroman ist es definitiv nicht!) von Charlotte Link in die Hand und begann zu lesen. Der Aufbau ist sehr interessant gewählt. Es wird aus den verschiedenen Blickwinkeln der Protagonisten erzählt und so bekommt der Leser eine größere Bandbreite der Handlung mit. Die scheinbar losen Erzählungsstränge verbinden sich nach und nach zu einer zusammenhängenden Geschichte. Simon will die Weihnachtszeit mit seinen Kindern im Haus seines Vaters in der Provence verbringen. Er ist Anfang Vierzig, hat eine neue Beziehung, aber nicht den Mut, diese in seinem Leben ankommen zu lassen. Überhaupt ist er mehr der Typ den man herumschubst. Als selbstständiger Übersetzer hat er keine großen Ambitionen, ganz anders seine erfolgreiche Freundin Kristina, die, als Simon erfährt, dass seine Kinder doch nicht nach Südfrankreich kommen, mit ihm endgültig bricht. Auf einem Spaziergang am Strand wird er Zeuge eines Handgemenges mit einer jungen Frau. Simon mischt sich, entgegen seiner Natur ein und hilft dem verwahrlosten Mädchen, welches ohne Papiere und Geld in ein Haus einbrach. Nach und nach wird er in eine tödliche Geschichte mit hinein gezogen. Parallel schwenkt Charlotte Link ihre Erzählung nach Bulgarien, nach Sofia. Sie schildert, wie die Eltern einer kinderreichen Familie immer verzweifelter werden, da es an allen grundlegenden Dingen, wie Arbeit, Nahrung oder warmer Kleidung fehlt. Als eine Frau auftaucht, die der ältesten hübschen Tochter eine Karriere in der Modebranche verspricht, greifen die Eltern, auch ob des für sie hohen Ablösebetrages, schnell zu. Der Leser weiß natürlich, was hinter dieser Frau, die sich als Mitarbeiterin einer Agentur ausgibt, steckt. Zeitgleich verstrickt sich Simon immer mehr in die Geschichte der magersüchtigen Landstreicherin. Charlotte Link hat einen Eintopf voller Ingredenzien zu einem aktuellen Thriller gerührt. Dabei wirft sie ab und zu aktuelle Ereignisse ein, wie die Anschläge in Paris, ohne diese aber zu vertiefen. Alle anderen Zutaten der Suppe kennt der geneigte Leser schon zur Genüge, wichtig sind zum Gelingen hierbei doch die Gewürze. Oder vielleicht ist dann doch eine Zutat dabei, die überrascht. Doch das ist hier nicht der Fall. Die Geschichte wirkt in manchen Bereichen etwas hölzern erzählt, wie mit Bauklötzen gebaut. Auch vor Binsenwahrheiten machte Frau Link nicht halt. "Ihr habt Geld. Das habe ich an dem Haus in La Cadière gesehen.' 'Und wer Geld hat, ist glücklich?' Sie hob die Schultern. 'Er hat ein paar Sorgen weniger. Weißt du, ich glaube, dass sich Jerome wegen des Geldes in irgendetwas Böses verstrickt hat. Weil er mehr Geld wollte.' Weil er mehr Geld wollte.' Simon sah sie überrascht an. 'Das hättest du Lieutnant Caparos sagen müssen.' ' Es ist nur eine Vermutung', sagte Nathalie. 'Weil es meistens Geld ist, das Menschen dazu verführt, Dinge zu tun, die sie nicht tun sollten.'" Zum Glück sind diese Stellen nicht so oft gesät in dem Roman. Die Landschaftsbeschreibungen sind ordentlich, aber auch nur oberflächlich. Die Charaktere bestehen größtenteils aus Klischees, einzig Nathalie, die aufgetauchte Unbekannte, hat mich an einigen Stellen überrascht. Der Roman liest sich auch gut, obwohl er einige Längen aufweist. Fünfzig bis hundert Seiten weniger hätten der Spannung gut getan, aber welcher Lektor sagt das einer Charlotte Link? So ist insgesamt eine ordentliche Gemüsebrühe zu vermelden, die aus bekannten Zutaten mit etwas Salz und Pfeffer vermischt, sich bestimmt wie geschnitten Brot verkauft. Aus der Masse der Neuerscheinungen ragt nur der Name Charlotte Link heraus. Aber das reicht eben für einen Bestseller.

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