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Rezension zu
Der Geschmack des Lebens

Ein packender Roman über die Grundlage unseres Lebens - weit weniger "Future Fiction", als man meinen könnte

Von: Susanne Edelmann aus Baldham
16.11.2021

Dieser Roman spielt zunächst in London in der nicht genau bezifferten, aber vermutlich nicht mehr allzu fernen Zukunft. Hier lebt die 18-jährige Nini mit ihren Eltern. London platzt aus allen Nähten, die Bevölkerung wächst und wächst und das hat Folgen: Die berühmten Londoner Parks gibt es nicht mehr, sie mussten dringend benötigtem Wohnraum weichen. Die Quadratmeter, die jedem Einwohner als Wohnraum zustehen, sind limitiert, in zu große Wohnungen werden Co-Wohner einquartiert. Vor den U-Bahnstationen gibt es Blockabfertigung, in der Innenstadt dürfen nur noch selbstfahrende Autos fahren, Präsenzunterricht an den Schulen gibt es nur selten, die Schulen haben gar nicht genug Platz für alle Schüler. Die Regierung hat einen Überwachungsstaat geschaffen: Am Handgelenk tragen die Menschen einen Biosensor, der ihre Nährstoffwerte ans Bürgerregister meldet. Bei guten Werten gibt es Bonuspunkte, die man braucht, wenn man es zu etwas bringen will, in Ninis Fall zu einem guten Studienplatz. Die Regierung kontrolliert auch die Lebensmittel und entscheidet, welche Lebensmittel "sicher" sind und welche potentiell gefährlich für die Bevölkerung. Da erfährt Nini, dass sie von ihrer Tante Leonore ein Häuschen in Cornwall geerbt hat, unter der Voraussetzung, es selbst zu beziehen. Doch was soll sie, das City Girl, plötzlich auf dem Land? Andererseits: Vor kurzem ist Ninis Schwester Tilda gestorben und Nini leidet fürchterlich unter dem Verlust. Vielleicht kommt ein Tapetenwechsel gerade recht? Also reist sie nach Cornwall, wo sie Arthur kennenlernt, und sie entdeckt im Garten ein geheimes Gewächshaus, in dem Leonore und Arthur alte Gemüsesorten angebaut und Samen daraus gewonnen haben. So erfährt Nini von dem geheimen Netzwerk "Taste!", das es sich zur Aufgabe gemacht hat, alte Sorten zu bewahren. Anfangs ist Nini entsetzt, denn ihr ist klar, dass dieses Gewächshaus illegal ist und sie ihre Zukunft aufs Spiel setzt, wenn sie das verbotene Treiben toleriert. Doch Arthur bringt Nini nach und nach auf den Geschmack, im wahrsten Sinne des Wortes: Nie zuvor hat Nini so köstliche Erdbeeren gegessen oder Tomaten, die nicht nur nach Wasser schmecken. Nini erfährt, dass ihre Tante ihr weit mehr vererbt hat als nur das Cottage: Es geht um ein Vermächtnis. Doch unweigerlich begibt sich Nini mit diesem Wissen in große Gefahr. Mit diesem Thema hat die Autorin bei mir voll ins Schwarze getroffen, denn schon seit langem beschäftige ich mich mit dem Wahnsinn genmanipulierter Pflanzen, der Macht von Agrargroßkonzernen und Patenten auf Saatgut. Wie heißt es so treffend im Roman? "Wer das Saatgut hat, hat die Kontrolle." Und das ist leider keine Erfindung dieses Future Fiction-Romans, sondern bittere Realität. Längst gibt es Konzerne, die genmanipuliertes Saatgut verkaufen und die dazu passenden Düngemittel und Pestizide gleich mit dazu. Aus den Früchten, die aus diesem Saatgut hervorgehen, lassen sich keine neuen Samen für das nächste Anbaujahr gewinnen, so dass die Bauern gezwungen sind, auch im nächsten Jahr bei Monsanto & Co. zu kaufen - in Ländern wie z.B. den USA oder auch in Indien ist dies längst Realität. Dabei führen die Konzerne gerne Argumente wie Pflanzenseuchen, Ernährungssicherheit oder die Bekämpfung des Welthungers an, doch in Wahrheit geht es ihnen nur ums Geld. Oder ist der Hunger in den Entwicklungsländern inzwischen Geschichte? Und auch Patente auf Saatgut und damit auf die Lebensgrundlage der Menschheit gibt es längst. Claudia Praxmayer weiß, wovon sie schreibt. Sie hat Biologie studiert, engagiert sich für verschiedene Natur- und Umweltthemen und hat schon einige Krimis, Jugendromane und Sachbücher veröffentlicht, in denen diese Themen eine wichtige Rolle spielen. Auch "Der Geschmack des Lebens" ist eigentlich ein Jugendbuch, sollte aber meiner Meinung nach von Leser*innen jeder Altersstufe gelesen werden, damit möglichst viele Menschen dadurch zum Nachdenken angeregt werden. Mich persönlich hat die Lektüre auf jeden Fall sehr bewegt.

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