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Rezension zu
Aufzeichnungen aus dem Untergrund

Eine psychologische Studie radikal, emotional aufwühlend.

Von: Salka-Valka Schallenberg, kulturmdTV Magdeburger Stadtfernsehen aus Magdeburg
13.10.2021

„Aufzeichnungen aus dem Untergrund“ - 1864 erstmals veröffentlicht, ist die Abrechnung eines Zukurzgekommenen. Urbild aller Wutbürger, Menschen- und Weltverächter. Ein ehemaliger Beamter sitzt verbittert in seiner Wohnung am Stadtrand von St. Petersburg und klagt die Welt an. Obwohl erst 40 Jahre alt, hat er seinen Dienst quittiert und lebt von einer kleinen Erbschaft mehr schlecht als recht. Im Teil I ‚Untergrund‘ stellt der Ich-Erzähler sich selbst vor, erregt sich über die Gesellschaft, berichtet über sein Scheitern – und geht mit dem Leser regelrecht ins Gespräch. Zum Beispiel: "Schauen Sie doch besser bei sich selbst, meine Herrschaften, dann werden Sie einsehen, dass es sich so verhält." (S. 37) Immer mehr redet sich der Erzähler in Rage – eine Abrechnung mit sich und der Welt – eben der klassische Wutbürger. Im Teil II „Angelegentlich nassen Schnees“ erzählt die Person über einige Begebenheiten ihres Lebens, wie es der Autor Dostojewski einleitend beschreibt, und geht gut 20 Jahre zurück. Der Ich-Erzähler nennt es Aufzeichnungen ‚des Liebhabers Paradoxa‘. Seinen Leser gibt er abschließend noch einige Weisheiten auf dem Weg. (S. 262) Dostojewski schafft es in wenigen Seiten auf das wesentliche konzentriert ein Abbild eines Menschen- und Weltverächters zu skizzieren. Jemand, den es in jeder Gesellschaft gibt. Nicht als Einzelgänger, sondern überall in jeder sozialen Schicht, ob Beamter, Arbeitsloser oder Studierter. Eine psychologische Studie radikal, emotional aufwühlend. Ein Nachwort gibt dem Leser einen umfassenden Einblick in das Leben des Autors Fjodor Michailowitsch Dostojewski. Die Übersetzerin Ursula Keller gibt in ihrer „Editorischen Notiz“ einen interessanten Hinweis zum Titel. Oft als Aufzeichnungen aus der Kellerwohnung oder Souterrain-Wohnung übersetzt, scheint „Aufzeichnungen aus dem Untergrund“ für Ursula Keller treffender. So heißt es an einer Stelle im Text, dass der Ich-Erzähler die Tür öffnet und Schritte auf den unteren Stufen vernimmt und hört, wie die Haustür geöffnet und dumpf wieder zu fällt. „Dieses Geräusch stieg das Treppenhaus herauf.“ (S. 257). Ein spannendes kleines Werk, dass aktueller den je ist und verdient gelesen zu werden.

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