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Rezension zu
Narconomics

Sehr erhellend und interessant

Von: Michael Lehmann-Pape
04.10.2016

In der aktuellen Serie „Narcos“ ist Pablo Escobar tot, in der nächsten Staffel wird der Aufstieg des „Calli-Kartells“ Inhalt der Serie sein. Ereignisse, die nachvollziehen, wie in Kolumbien Drogenkartelle zu Zeiten entstanden sind, die sie ein Staat im Staat oder, in gewissen Perioden, mehr noch als Staat als der Staat selbst funktionierten. Eine Entwicklung, die in den letzten Jahrzehnten ebenfalls in Mexiko intensiv stattgefunden hat, wo an vielen (möglichst abgelegenen, zumindest durch die Polizei nicht wesentlich gestörte) Orten der Rohstoff für die entsprechenden Drogen angebaut und in ebenfalls weit verstreuten Laboren mittlerweile nach gleichen Abläufen und regeln wie in der legalen Industrie aufbereitet und weltweit verkauft werden. Eine Schattenwirtschaft, eine kriminelle Hydra, der sich Wainwright in sehr flüssiger, unterhaltsamer, phasenweise spannend geschriebener, immer aber vor allem hoch informativer Form nähert. Und im Verlauf der Lektüre detailliert aufarbeitet, wie die „Kartell-GmbH“ vom Rohstoff bis zu dessen breiten Verkauf aufgebaut ist, handelt und ihren „Geschäften“ hochprofitabel nachgeht. Und dabei beinhart gegen Konkurrenzsituationen von Innen und Außen vorgeht. Und das mit Eindrücken aus erster Hand, denn Wainwright recherchiert vieles vor Ort, angefangen in Ciudad Juárez, der „mörderischsten Stadt der Welt“, samt GPS-Tracker, der mit der Polizei verbunden ist. Wenn das Gerät denn funktionieren sollte. Faszinierend zu lesen ist, was Wainwright dabei sorgfältig und Schritt für Schritt offenlegt über ein globales, straff organsiertes Geschäft“. Vom Entwurf der Produkte über deren Herstellung, vom Transport derselben (unter natürlich erschwerten Bedingungen bis hin zu den geschätzt 250 Millionen Konsumenten weltweit, mit einem Jahresumsatz von (ebenfalls geschätzten) 300 Milliarden Dollar. „Tendenz steigend“. Wobei Wainwright sich nicht scheut, auch die Gegenseite zu „entzaubern“, schlichtweg viele der „Erfolgsmeldungen“ im Kampf gegen Drogen als Plattitüden, als übertrieben oder, in Teilen, gar frei erfunden entlarvt. Und das alles, in dem er rigoros volks- und betriebswirtschaftliche Analysemethoden auf den Drogenmarkt hin anwendet und das für und wider, die Frage nach dem „Wert der Anlage“ auch auf die Mittel für den Kampf gegen die Drogen anlegt. Immerhin gut 100 Milliarden Dollar weltweit pro Jahr, die scheinbar ins Nichts zerrinnen. Wofür es Gründe gibt, die Wainwright ebenfalls vor Augen führt. In dem der Journalist im Buch immer wieder auf die grundlegenden Fehler des Kampfes gegen Drogen eingeht (Unterdrückung der Produktion statt Steuerung der Nachfrage, Behinderung der Nachschubwege sorgt für Preissteigerungen und damit für noch mehr Profit im Gesamten, frühe Investitionen der Prävention werden vernachlässigt, Handeln meist auf nur nationaler Ebene gegen internationale Verflechtungen, Prohibition ohne durchschlagende Kontrollmöglichkeiten schaffen eher Monopol denn Ausrottung der Drogen). Zu Recht taucht daher im Buch ebenfalls die Frage auf, ob nicht eine weltweite Legalisierung auf so gut wie einen Schlag zumindest die Kartelle umgehend ihrer Geschäftsgrundlage berauben würde. Was nicht der einzige konstruktive Vorschlage Wainwrights im Buch nach seiner langen und genauen Analyse der Struktur der Kartelle bleiben wird. Ein fundiertes, sehr interessantes, gut geschriebenes Stück investigativen Journalismus, dass dem Leer erstmals einen kompletten Überblick über die Arbeitsweise und die Macht und Verbreitung der Drogenkartelle der Welt an die Hand gibt.

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