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Rezension zu
Intrige

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Eine großartige Geschichtsstunde!

Von: A. Buttero aus Martensrade
07.11.2013

Das Hörbuch „Intrige“ von Robert Harris wird von Hannes Jaenicke erzählt. Die Erzählstimme ist hier sehr stimmig gewählt, Herr Jaenicke versteht es, sämtliche Nuancen zu vermitteln, von atemlos zu charmant, von erschreckt über entsetzt bis zum Zorn. Er gibt die Gefühle der sprechenden Personen ebenso wie die Spannung bei den sonstigen Beschreibungen sehr gut weiter. Zudem habe ich das Gefühl, dass die Aussprache des Erzählers entfernt „französisch“ klang, ohne dass ein deutlicher Akzent zu hören war. Ich konnte mich dadurch sehr gut gedanklich „in Frankreich“ aufhalten. Im seinem neuen Roman greift der Autor Robert Harris einen der brisantesten politischen Skandale Europas vor den Weltkriegen auf. Es geht um die „Affäre Dreyfus“, die Frankreich und Europa in seinen Grundfesten rüttelte. Hintergrund ist zunächst einmal die vernichtende Niederlage Frankreichs im Deutsch-Französischen Krieg von 1870, die zu einer Art Paranoia in den obersten Rängen der französischen Armee führte. Jedes an einen Feind, speziell an „die Deutschen“ weitergegebenes kleinste Detail aus der Armee galt als Weitergabe von Staatsgeheimnissen, so dass ein weitläufiger Geheimdienstapparat etabliert wurde. Zu dieser Zeit war auch der Antisemitismus in Frankreich nicht unüblich und bei einer Weitergabe von Staatsgeheimnissen wird der Major Alfred Dreyfus, ein Jude, schnell verurteilt, in einer öffentlichen Zeremonie seiner Ehre und seines Rangs beraubt und schließlich auf die 4000 Meilen entfernte Teufelsinsel zur Einzelhaft deportiert. Alfred Dreyfus ist jedoch nicht die Hauptfigur dieses Romans von Harris. Der intelligente und kultivierte Oberst Picquart ist es, neuer Kommandant des Statistikamts, einer wichtigen Unterabteilung des französischen Geheimdienstes. Sehr schnell erkennt er in der „Dreyfus-Affäre“ Lüge und Betrug zunächst innerhalb seiner Abteilung, dann jedoch hinauf bis in die höchsten Ränge von Militär und Politik. In der Affäre zunächst einer der Beteiligten der vorschnellen Verurteilung von Alfred Dreyfus, wird er nun zu dessen unermüdlichen Verteidiger aufgrund der „Gerechtigkeit“ und „Ehre“, die ihm eigen ist. Zudem gilt es, den eigentlichen Verräter dingfest zu machen. An diesem Punkt der Handlung beginnt nun die Einbindung der fiktiven Geschichte in die historisch überlieferte Entwicklung der Affäre Dreyfus. Oberst Picquart zieht gewissermaßen in den Krieg gegen sein eigenes Land, fest entschlossen, alles aufzuklären, sogar sein Leben dafür aufs Spiel zu setzen. Letztendlich findet er Unterstützung auch aus der Öffentlichkeit. Kein Geringerer als Émile Zola gibt letztendlich den zündenden Funken für die Rehabilitierung sowohl von Alfred Dreyfus als auch von Picquart durch seinen Beitrag „J’accuse …“ in einer großen Tageszeitung. Robert Harris nutzt für seinen Roman ausschließlich den engen zeitlichen Rahmen der historischen Affäre Dreyfus. Während der spannend in der Ich-Form des Oberst Picquart erzählten Handlung lässt er seine Hauptfigur sozusagen wachsen, gibt ihm immer mehr Selbstbewusstsein und Charakter, lässt ihn aber bis zum Schluss in einer Doppelmoral stecken. Ist Oberst Picquart einerseits voller Stolz und Ehre, hat er andererseits ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau. Der Autor selbst sagt, dass keine seiner Figuren ausschließlich fiktiv sind. Alle haben einen historischen Nachweis. Interessant ist dabei die Aktualität der Thematik, die gleichzeitig als Warnung gegen den Einfluss nachrichtendienstlicher Informationen zum Erzielen politischer Ergebnisse gesehen werden kann und der immer vorherrschenden Problematik der Vorurteile und Vorverurteilungen. Eine großartige Geschichtsstunde!!!

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