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Rezension zu
Das Schweigen der Männer

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ebenso geistreich wie entwaffnend

Von: Thomas Lawall
16.07.2016

Männer befinden sich gerade in der größten Krise ihres Bestehens behauptet die zertifizierte systemische Beraterin und Transaktionsanalytikerin Dasa Szekely. Ob sie sich damit mehr Freunde oder Feinde macht, wird sich noch herausstellen, und ob sich das "Schweigen der Männer" damit brechen lässt, erst recht. Ihre Argumente sind, trotz aller Gegenwehr, die es zweifellos geben wird, sehr überzeugend. Zwar ist das Buch "aus einer Wut entstanden", dennoch kaut die Autorin keinerlei einseitig-feministische Anti-Männer-Parolen wieder, sondern bemüht sich um ausgleichende Elemente und einen Dialog auf Augenhöhe, was ihre Seriosität und Glaubwürdigkeit noch zusätzlich unterstreicht. Die Herren der Schöpfung sollen also nicht "plattgemacht" werden, sondern durch eine Betrachtung aus verschiedenen Blickwinkeln an "Mehrdimensionalität" gewinnen. Deshalb werden sie von Dasa Szekely im Kapitel "Warum der Mann ist, wie er ist" unter ein Mikroskop gelegt, was zu einem durchaus überraschenden Männerbild führt. Doch zuerst ist einmal die wissenschaftlich belegte These zu akzeptieren, dass der Mann das "konstitutionell schwächere Geschlecht" ist. Allein das zu akzeptieren, ist für ein gestandenes Mannsbild bereits eine Herausforderung. Hinzu kommen die ganzen erziehungstechnischen Klischees, die ihnen von Kriegs- und Nachkriegseltern eingeimpft wurden, die ihrerseits von traumatisierten Eltern aus Zeiten des ersten Weltkrieges mit dem entsprechenden Rollenverständnis versorgt wurden. Die eingefahrenen Wege zerbrechen mehr und mehr und der Kampf um Bestätigung und Anerkennung wird immer härter und das Tempo immer schneller. Immer mehr Frauen erreichen nicht nur Führungspositionen, sondern sind oftmals sehr gut oder gar besser mit den dafür notwendigen Qualitäten ausgestattet. Mitunter sind ihre Abschlüsse besser und sie bringen, wen wundert es, die weitaus besseren sozialen Kompetenzen mit, die in der globalen Berufswelt immer mehr an Bedeutung gewinnen. Die Zeit ist reif - die Männer aber offenbar nicht. Habgier und Selbstverherrlichung blühen beispielsweise in Unternehmen im Finanzwesen, die von "Kindern in Anzügen" geführt werden. Geht etwas schief, zahlen die "Schäfchen", nicht aber die Verursacher. Wirkliche Verantwortung zu übernehmen und endlich sein Verhalten, sowohl beruflich als auch privat, "situationsgerecht zu steuern", sind oftmals nicht erreichte, aber mögliche Ziele. "Wer sich niemals bewegt, bleibt ungut stehen, und zwar nicht selten auf den Füßen anderer." Schweigen ist auch in der Politik angesagt. Auch wenn viel gesprochen, aber im Grunde nichts gesagt wird. Mit einem Ja oder einem Nein zu antworten ist nicht möglich. Und die Verantwortung? Trägt immer der andere. Auch das ist unreif, erklärt die Autorin. Psychische Erkrankungen steigen, "kaum noch funktionierende Beziehungen" sind an der Tagesordnung, ebenso Machtmissbrauch, Staatsschulden und Umweltzerstörungen. Dasa Szekely will, wie schon erwähnt, keine gnadenlose Abrechnung, dennoch kommt sie um starke Worte gleich zu Beginn erst einmal nicht herum: "Ihr Schweigen, liebe Männer, kostet uns alle eine Menge Zeit, Nerven und Geld." Wer derart große Töne spuckt, sollte mit Lösungen und den entsprechenden Ansätzen nicht geizen. Und genau das tut die Autorin. Lösungsansätze werden nicht nur angedeutet, sondern beanspruchen mehr als die Hälfte des gesamten Buches. Zuerst müssen die Probleme aber erst einmal als solche erkannt werden. Es beginnt bei muffeligen Ehemännern, die bei jedem auch nur angedeuteten Problemchen die Schotten dicht machen, und endet bei Frauen, die sich (untereinander) darüber beschweren, letztlich aber den berühmten Freibrief ausstellen: So isser halt!" Oder es beginnt bei ständig abwesenden Vätern im privaten Rahmen und endet bei politischen Rahmenbedingungen, die eine radikale Kehrtwendung in der Familienpolitik ermöglichen könnten. Beispielsweise sind mehrere Jahre Elternzeit für Männer in Schweden kein Problem, ja sogar von Vorteil, denn was kann man im Büro besser einsetzen als eine Erweiterung von Führungs- und Krisenkompetenzen?! Ein anderes Beispiel sind männliche Erzieher, die in den entsprechenden Einrichtungen dringend gesucht werden. Doch wer entscheidet sich für eine lange Ausbildung, schlechte Bezahlung und die mangelhafte gesellschaftliche Akzeptanz? Männer wären eine wichtige Bereicherung in dem von Frauen dominierten Berufszweig. Sie sind die "Führungskräfte unserer Kinder. Warum werden sie nicht wie solche bezahlt?" Hört sich alles total logisch und einfach an. Wäre es eigentlich auch. Wie lange die Umsetzung allerdings noch dauern wird, steht in den Sternen. Wie so oft mit guten Ideen, die ans Eingemachte gehen und dann auch noch von Männern umgesetzt werden soll(t)en. Apropos Eingemachtes: Zuerst wollte ich das Buch nicht anrühren. "Das Schweigen der Männer", och nö, zumal abgeleitet von einem berühmten Film mit Anthony Hopkins, schon wieder so eine Ratgebersülze von einer, die mit erhobenem Zeigefinger daherkommt, und eine Breitseite nach der anderen loslässt, dachte ich. Weit gefehlt, werte Geschlechtsgenossen. Wenn wir aus Wut etwas anzetteln, geht das meist in die Hose und bringt im Endeffekt gar nichts. Wenn Dasa Szekely aus Wut ein Buch schreibt, bleibt sie dennoch konstruktiv und stets auf Augenhöhe. Unbequem manchmal, doch ihr scharfsinniges Hinterfragen und ihre schnörkellosen Analysen sind ebenso geistreich wie entwaffnend. Und jetzt ändere ich meine Notizen zur Rezension, denn "Männertypen in Aufzählung einfügen?" steht hier noch. Nö, mache ich nicht. Selber lesen macht schlau! Es lohnt sich. Und so ganz nebenbei: Wer wissen möchte, weshalb Facebook und (aua, das geht jetzt an mich) Computerspiele "Kommunikationskondome" sind, kann bei dieser Lektüre ebenfalls bedenkenlos zugreifen.

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