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Rezension zu
Anleitung zum Gehen

Entschleunigend und nachdenklich

Von: Eva-Maria Obermann
08.07.2016

Poetisch-philosophisch wird Edo Popovićs Essay Anleitung zum Gehen angepriesen. Das hat mich auf die 176 Seiten des kroatischen Schriftstellers, erschienen bei Luchterhand in der Übersetzung von Alida Bremer, sehr neugierig gemacht. Mit geradezu elementaren Fragen geht der Autor hier seine Erlebnisse des Wanderns an. Er berichtet, wie er die Berge Kroatiens besteigt. Natürlichkeit, Besinnung, aber auch Existenzfragen und Stille sind es, die den Erzähler begleiten. Der ist hier nahe am Autor anzusiedeln. Unterlegt sind die philosophischen Gedankengänge mit Bildern, Momentaufnahmen aus den Bergen. Wieviel gerade in die anekdotenhaften Erlebnisse als literarisch zu verorten ist, bleibt unklar. Irgendwie ist alles im Bereich des Möglichen. Das zwischen den Steinen versteckte Mobiltelefon, weil nur dort Empfang ist etwa. Oder diese eigentümliche Verbindung von Menschen, weit ab der Großstädte. Dort, wo Einsamkeit Alltag ist, verschiebt sich der Blickwinkel. Doch nicht nur auf der sozialen Ebene, auch auf der der Wahrnehmung. Diese Mischung aus Faszination und Gefahr, aus Heimat und Fremde, die der Natur innewohnt. Sie dringt durch in den gemächlichen Seiten. Denn der Erzähler will nicht hetzen, im Gegenteil. Vielmehr verweigert er sich in Handlung und Wort der Beschleunigung des Alltags. Er stellt sie sogar zur Rede, die Hast, die uns jeden Tag ergreift. Karikiert sie in den Wanderern, die Gipfel abhaken, anstatt sie zu erfahren. Dass dabei Fragen nach Sinn und Zweck aufkommen, ist logisch wie verblüffend. Denn die Antworten werden, teilweise nur in Ansätzen, gleich mitgeliefert. Die große Kritik, die das allumfassende Böse in unserem Leben anklagt, bleibt aus. So sind eben Menschen, scheint der Text zu sagen. Ein bisschen großväterlich vielleicht. Aber auch mit Blick auf die Auszeit, die auch der Erzähler im Wandern erfährt. Eine Pause, aus der er aber wieder zurückkehren wird. Dass Popovic dabei nicht belehrend, sondern viel mehr betrachtend bleibt, finde ich sehr gut gelöst. Er schwingt keinen Zeigefinger, sondern staunt viel mehr. Das Staunen steht auch im Mittelpunkt, wenn es um die Natur geht. Die Berge, die Tiere, die Pflanzen, den Wind. Alltägliches eigentlich und doch in neuen Fokus gerückt. Bestaunenswert. Mit Sicherheit ist Anleitung zum Gehen kein aufregendes Buch. Der Text geht eben, er rennt nicht. Wer sich schon einmal im Wandern verloren und doch eigentlich gefunden hat, wird den Erzähler und den Autor verstehen. Es sind auch im Grund keine neuen Fragen, die dabei gestellt werden. Aber sie werden gut gestellt und weitergedacht. Ein Buch zum Mitdenken also. Nicht nur für alle, die diesen Sommer in Kroatien wandern gehen wollen. Auch Menschen, die einfach gerne den Wiedererkennungsmoment mit der Natur erleben, lesen sich in Anleitung zum Gehen völlig ein. Auf jeden Fall aber ist es tatsächlich poetisch-philosophisch. So einfach – einfach so.

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