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Rezension zu
Meinen Hass bekommt ihr nicht

Eher Erfahrungsbericht als politisches Statement

Von: Schatz ich will ein Buch von dir! - Der Bücherblog
07.07.2016

Sicherlich erinnern wir uns alle an die schreckliche Nachricht über die Attentatswelle in Paris. Ungläubig saßen wir vor dem Fernseher und dachten uns: „Jetzt also ist der Terror auch bei uns im Westen endgültig angekommen.“ Die Geschichte der Familie Leiris gibt den Opfern dieses feigen Terroranschlags ein Gesicht. Und sie zeigt, dass nicht nur die Toten und Verletzten Opfer solcher Anschläge sind, sondern auch die Angehörigen, die für den Rest ihres Lebens mit dem Schmerz des Verlustes einer geliebten Person umgehen müssen. Antoine Leiris ist Journalist und macht nach dem tragischen Tod seiner Frau das, was er am Besten kann: Er schreibt. Und er tut dies öffentlich – eigentlich als Facebook-Nachricht an die Freunde seiner Frau, doch seine Worte verbreiten sich rasend schnell und werden zu einer wichtigen Botschaft des Westens an die Terroristen. Dies bewegt den Autor dazu, seine Gefühle und Erlebnisse nach dem Attentat niederzuschreiben und zu veröffentlichen. „Ich hätte mir gewünscht, dass mein erstes Buch eine Geschichte wäre – aber auf keinen Fall meine. Ich hätte die Wörter gern geliebt, ohne sie fürchten zu müssen.“ (S. 130) Das Buch umfasst nur die kurze Zeitspanne von 14 Tagen, vom Attentat am 13.11. bis einen Tag nach Hélènes Beerdigung. In dieser Zeit lebt Antoine Leiris mit seinem Sohn in einer kleinen Blase. Er selbst bezeichnet sich und Melvil als kleine Armee. Es gibt Angehörige, Freunde und – nachdem Leiris bekannt wird – Fremde, die ihre Hilfe anbieten. Meist bleibt er jedoch (bewusst) alleine mit Melvil. Es braucht sicherlich seine Zeit, bis Vater und Sohn alles neu strukturieren ohne die geliebte Frau und Mutter an ihrer Seite. Sie fehlt bei jedem Ritual, bei jedem Handgriff. Und diesen Prozess möchte der Autor bewusst und ungestört mit seinem Sohn durch-/erleben. Das kann ich auch nachvollziehen, aber es hat bei mir bewirkt, dass mich das Buch emotional nur schwer erreichen konnte. Natürlich tun mir die Beteiligten, vor allem der kleine Melvil, der das Ganze noch nicht richtig versteht, aber den Verlust der Mutter und den Schmerz des Vaters dennoch spürt, unendlich leid. Aber ich konnte keine Bindung zu dem Autor aufbauen. „Die Welt“ prophezeite in einem Artikel, dass Leiris Buch bestimmt ein „Bestseller in Sachen Menschlichkeit“ wird. Nun ja, seine Botschaft „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ ist klar. Er will sich den Terroristen nicht unterordnen, will kein Leben in Angst führen und ihnen so Genugtuung verschaffen. Das Buch ist aber in meinen Augen weder ein politisches Statement noch ein Plädoyer für ein friedliches Miteinander oder gar für das Verzeihen. Das muss es für mich auch gar nicht sein. Aber vielleicht hat so mancher Leser diese Erwartungshaltung, nachdem der Satz „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ in den sozialen Medien solch emotionale Begeisterungsstürme ausgelöst hat. Aber hier wird vor allem die große Liebe Antoines zu Hélène ausgedrückt, die zärtliche Fürsorge um den Sohn, auch natürlich die Verzweiflung eines jungen Witwers. Für mich ist es ein reiner Erlebnisbericht. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass die Attentate in Paris zwar natürlich Erwähnung finden, aber der wesentliche Kern des Buches auch z. B. bei einem Unfalltod der gleiche gewesen wäre. In erster Linie ist „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ ein Buch über den Schmerz eines Mannes, der die Liebe seines Lebens verloren hat, und eines Kindes, das seine Mutter nie wiedersehen wird.

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