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Rezension zu
Wer ist Mr Satoshi?

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Selbstfindung auf Umwegen

Von: YukBook
21.05.2016

Robert Foss, Hauptfigur dieses Romans, führt ein Einsiedlerdasein. Er ist tablettensüchtig und leidet unter Depressionen. Als seine demenzkranke Mutter im Altersheim verstirbt, wirft ihn dies gleich doppelt aus der Bahn. Es ist nicht nur sein zweiter Verlust, nachdem seine Frau bei einem tragischen Unfall ums Leben kam; seine Mutter hinterlässt ihm auch noch geheimnisvolle Briefe an einen Mann in Tokio, von dem er bisher noch nie gehört hat. Wer ist dieser Mister Satoshi und warum wünscht sich seine Mutter, dass er ihre Briefe bekommt? Wie gut kannte er überhaupt seine Mutter? Jonathan Lee beschreibt sehr eindringlich, wie das Päckchen mit der fehlerhaften Anschrift eine immer größere Macht auf ihn ausübt. Ihm ist klar, dass er sich davor fürchtet, die Wahrheit zu erfahren, eine Grenze zu überschreiten, so als würde er die Büchse der Pandora öffnen. Und doch entschließt er sich dazu, den letzten Wunsch seiner Mutter zu erfüllen. Die Suche des Unbekannten bildet den roten Faden des Romans und steigert die Neugier auf diese mysteriöse Figur, die offenbar eine wichtige Rolle im Leben von Foss’ Mutter gespielt hat. Eigentlich geht es jedoch mehr um Foss’ persönliche Entwicklung und Selbstfindung dabei. Er wird gezwungen, gleich mehrfach über seinen Schatten zu springen: Er muss sein Schneckenhaus verlassen, sich ausgerechnet in das Getümmel von Tokio stürzen, mit seinen Panikattacken fertigwerden und die Hilfe fremder Menschen annehmen – genauer gesagt einer jungen schrägen Japanerin namens Chiyoko. Seine Ankunft am Narita Flughafen, die Fahrt mit dem Taxi durch das Lichtermeer von Shibuya und die ersten Erfahrungen mit einem typisch japanischen High-Tech-Klo im Hotel konnte ich gut nachempfinden, da ich es selbst schon oft genug erlebt habe. Dagegen war der zweite Schauplatz, Sapporo im hohen Norden, Neuland für mich. Interessant wird die Geschichte vor allem dadurch, dass der Autor nach und nach Foss’ vergangenes Leben als erfolgreicher Fotograf und glücklicher Ehemann ans Licht bringt und ein immer schärferes Bild des Protagonisten zeichnet. Sehr schön beschrieben ist, wie Foss seine Begleiterin Chiyoko, die er aus den Augen verloren hat, durch den Sucher seiner Kamera absucht und seine Lust auf das Fotografieren neu geweckt wird. Am meisten hervorzuheben ist jedoch Lees außergewöhnlicher Schreibstil, der tief in die Seele der Charaktere blicken lässt. Der Wechsel zwischen einem humorvollen und melancholischen Ton und die frischen und originellen Formulierungen sorgen für ein großes Lesevergnügen.

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