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Rezension zu
Heute sind wir Freunde

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Realitätsnah und berührend

Von: Clee
19.05.2016

Patrycja Spychalski neuester Roman Heute sind wir Freunde zeigt mir einmal mehr, warum ich die Jugendbücher dieser Autorin so sehr schätze. Sie versteht sich wie kaum eine andere darauf, Geschichten, die zeitmäßig oft nicht mehr als einen Tag in Anspruch nehmen, so aufzubauen, dass du als Leser das Gefühl hast, letztendlich eine ganzes Jahr mit ihren Charakteren verbracht zu haben. So auch in Heute sind wir Freunde. Hierin erzählt Spychalski die Geschichte von fünf Jugendlichen, die innerhalb einer Nacht zu Freunden werden. Das mag unrealistisch klingen und lässt vermuten, dass dabei eher oberflächliche Bande zwischen den Jungs und Mädels geschlossen werden, doch dem ist nicht so. „Vielleicht konnten Freundschaften sich einfach aus dem Nichts entwickeln, aus einer Sympathie heraus, aus einem Augenblick, aus einer Sturmnacht, in der man zusammen eingeschlossen, auf den kalten Fliesen in der Schultoilette sitzt.“ (Spychalski, Heute sind wir Freunde, S. 190-91) Obwohl Anton, Leo, Nell, Valeska und Chris nicht unterschiedlicher sein könnten, ergänzen sie sich wundervoll. Jeder von ihnen hat eine Eigenschaft, die alle anderen in einem Freund brauchen, ob sie es wissen oder nicht. Jeder von ihnen schaft es, die anderen charaktermäßig weiterzubringen, zu erden und sogar zu einem stärkeren Menschen zu machen. Solche Bücher sollten die Schüler heutzutage in den Schulen zu lesen bekommen. Bücher, die zeigen, dass wahre Freunde in den unerwartesten Gestalten auftreten können, wenn man sich mal die Zeit nimmt, seine Vorurteile beiseite zu schieben und die Menschen in seinem Umfeld genauer zu betrachten. „Ich frage mich, wie das kommt mit diesen Schubladen, in denen wir alle stecken.“ (Spychalski, S. 151) Auch zeigt Heute sind wir Freunde, wie vielschichtig jeder Mensch sein kann. Am Anfang präsentiert uns die Autorin ihre Charaktere als die klassischen Stereotypen, wie man sie an jeder Schule zu sehen erwartet: Valeska, die unterkühlte Schulschönheit. Sexy Leo, der zu cool für diese Welt ist und nichts allzu ernst nimmt. Anton der ‚Streber‘, der nur in hässlichen Hemden herumrennt und spricht, als hätte er duzende Wörterbücher und Fachartikel verschluckt. Die unscheinbare Nell, die darauf wartet, beachtet zu werden, um endlich wer zu sein – ob von anderen Personen oder dem Leben selbst. Und der immer-liebe und etwas nerdige Chris, der für das Knipsen von Fotos lebt. Auch die Charaktere selbst sehen zunächst nur diese menschlichen Schablonen aus Vorurteilen, wenn sie sich gegenseitig betrachten. Dann jedoch nimmt Spychalksi diese Stereotypen, dröselt sie auf und setzt die Bilder, die die Jugendlichen von sich selbst und in den Augen der anderen haben, neu zusammen. Sie veranschaulicht, dass Stereotypen Trugbilder sind – eben dass kein Mensch nur eine Seite an sich hat und es sich lohnt, tiefer zu graben. Zudem betont die Autorin auch, dass jeder ein Stückchen zu der Weisheit des anderen beitragen kann und dass Jugendliche keinesfalls nur faule ‚Socken‘ sind, die kein Bock auf Schule haben und sich nur mit oberflächlichen Dingen wie Partys, etc. beschäftigen. Ausgerechnet der Weiberheld dieser Truppe überrascht damit, dass er von einem Leben mit der ‚Richtigen‘ träumt. Ein anderer verabscheut es, wie viele Erwachsene irgendwann auf ihr jugendliches Ich zurückblicken und dieses verleumden oder lächerlich machen und damit eigentlich nur sich selbst verletzen. Oder dass viele nicht mit dem zufrieden sind, was sie im Leben haben und anstatt das Beste aus ihrer Situation zu machen, in „was wäre, wenn“-Vorstellungen schwelgen. Auch für den Leser lassen sich somit viele Weisheiten, Wahrheiten und Anregungen zum Nachdenken aus diesem Buch ziehen. „Ich finde, im Kuss ist alles so klar. Beide wissen ganz genau, was sie wollen. Es gibt keine Fragezeichen im Kopf, kein Damals und auch kein Später, und es ist egal, ob die Zeit stehen bleibt oder die Welt untergeht – solange man im Kuss nicht gestört wird, ist alles recht.“ (Spychalski, S. 271) Das einzige, was mich beim Lesen etwas gestört hat, war die Sprechweise der fünf Charaktere (und die Nutzung von mehreren Ausrufezeichen hin und wieder), besonders in der wörtlichen Rede. Vieles klang aufgesetzt oder zu betont cool. So wie ein ‚Erwachsener‘ sich vorstellt, dass Jugendliche sprechen, diese es aber eigentlich nicht tun. Zumindest nicht alle: „Na, die hat doch bestimmt voll einen an der Waffel, so wie die rumrennt.“ „Was denn für eine Waffel?“ „Mann, das sagt man doch nur so! Ich meine, vielleicht ist sie manisch-depressiv oder so?“ „Wie kommst du denn auf den Schwachsinn?“ „Jeder hat so seine Problemchen!“ (Spychalski, S. 15) Letztendlich fällt das jedoch nicht ins Gewicht und hat mein Lesevergnügen in keinster Weise geschmälert. Heute sind wir Freunde ist ein ruhiges, aber vergnügliches Leseabenteuer, das zum Mitfiebern und Nachdenken anregt. Ich freue mich schon auf das nächste Buch aus der Feder dieser Autorin!

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