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Rezension zu
Nadjas Katze

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Spurensuche im Wald der Erinnerung

Von: Elke Heid-Paulus
08.05.2016

Auch in seinem zehnten Berndorf-Krimi bleibt der Autor Ulrich Ritzel seinem bewährten Konzept treu. Er taucht ein in die deutsche Zeitgeschichte, mischt Fakten mit Fiktion und konstruiert eine vielschichtige, aber dennoch bis ins Detail logische Geschichte, in der sich sein Ermittler der eigenen Vergangenheit stellen muss. Es beginnt alles mit einem schmalen Heftchen, das die ehemalige Freiburger Studienrätin Nadja Schwertfeger in einem Antiquariat findet. Ihre Passion gilt den vergessenen und unbekannten Schriftstellern. Die Lektüre der „Nachtwache des Soldaten Pietzsch“, so der Titel der Erzählung, verunsichert sie aber zutiefst, denn neben den Geschehnissen in der Nacht des 19. April 1945 in einem Dorf auf der Schwäbischen Alb ist darin auch von einer speziellen Stoffkatze die Rede. Und genau das gleiche Kuscheltier besitzt die adoptierte Nadja als einzige Erinnerung an ihre leibliche Mutter. Und so beginnt sie mit Hilfe ihrer Freundin Wally nachzuforschen, inwieweit die Erzählung des unbekannten Autors Anderweg einen realen Kern hat. Die Spur führt auf die Schwäbische Alb in das kleine Dorf Wieshülen, aber kaum jemand mag mit ihr über die Ereignisse in den letzten Wochen und Monaten des Zweiten Weltkriegs reden. Man verweist sie an Hans Berndorf, den ehemaligen Ulmer Polizisten, jetzt in Berlin lebend, der ebenfalls dort aufgewachsen ist. Gemeinsam begeben sich die beiden auf Spurensuche, nicht wissend, dass sie sich damit auch ihrer eigenen Vergangenheit stellen müssen, sondern auch ein dunkles Kapitel des Dorflebens enthüllen werden. Wie immer nähert sich Ulrich Ritzel behutsam dem eigentlichen Thema seines Kriminalromans, dem Verdrängen und Verschweigen und den Auswirkungen, die dieses Verhalten bis in die Gegenwart nach sich zieht. Sei es nun der Umgang mit den Fremden, den Flüchtlingen und Zwangsarbeitern, die die dörfliche Ruhe stören. Aber auch die strammen Gefolgsleuten Hitlers, die nach Kriegsende ihr Schäflein ins Trockene bringen, geraten in den Fokus. Das Ende eines Krieges, das kein neuer Anfang, sondern ein kollektives Verleugnen von Schuld ist. Der Autor erzählt eindringlich und realistisch, nutzt dafür auch historisches Quellenmaterial, das am Ende des Buches aufgeführt wird. Die klassische Frage nach Opfer und Täter in dem fiktionalen Strang seines Kriminalromans wird zur Nebensache, wesentlich interessanter ist die Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Ereignissen, denn „…im Wald der Erinnerungen (…) darf man keinen Schritt zur Seite tun. Und das Gebüsch am Wegrand nicht zur Seite schieben. Nicht in diesem Land. Überall liegen noch Skelette herum.“

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