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Rezension zu
Das letzte Wort

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Eine wortgewaltige SciFi-Gesellschaftsdystopie

Von: chrissieskleinewelt
18.04.2016

Wie war das noch in der Zeit, in der es weder Internet noch Smartphones gab? Wissen wurde mündlich und schriftlich weitergegeben, Lexikazyklen thronten in den Wohnzimmerschränken in ihren edlen Einbänden und luden den Wissensdurst zum Nachschlagen ein. Recherche war mühselig und doch konnte man sich das Erarbeitete und Eingeprägte auf Dauer merken. Und vor dieser Zeit? Als man erst Lesen lernte und sich in Büchern vertiefte, bevor man seinen ersten Kinofilm zu Gesicht bekam? Als das schriftliche Wort noch sehr viel mehr Macht hatte und die Phantasie anregte? Wie war das früher, als man sein Gehirn noch trainierte, als Wissen nicht einfach so zur Verfügung stand? Schaut man sich unsere heutige Zeit an, so werden unsere Gehirne von Jahr zu Jahr, ja gar von Monat zu Monat fauler. Wer kennt schon noch seine eigene Handynummer auswendig oder die der wichtigen Personen in seinem Leben? Will man etwas wissen, dann googelt man es, erfährt die Antwort auf eine flüchtige Frage in knappen Sätzen und vergisst wenig später, was man dort gesehen hat. Wir machen uns immer abhängiger von Technik und verlernen dabei, was uns eigentlich ausmacht und wozu wir eigentlich fähig sind. Wer sein Gehirn nicht trainiert, wird kein leistungsstarkes Denkorgan haben. Wenn ganze Generationen dies unterlassen, so stellt dies für unsere Zukunft eine schlechte Prognose dar. Zeigen uns Filme wie “Idiocracy” dieses Szenario noch eher lustig auf, so beschäftigt sich “Das letzte Wort” genau mit diesem Thema, jedoch in weitaus ernsterer Art und Weise. Eine Zukunft, die unserer gar nicht so fern ist und in welcher bereits heute auftretende Probleme zugespitzt dargestellt werden. Menschen, ganze Länder, die abhängig von Geräten und Programmen sind, die ihr Leben diktieren und das Denken verlernen lassen. Letztendlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Sprache darunter nicht nur leidet (was sie heute schon tut), sondern gravierende Einbuße aufweist. Doch was sind wir ohne Sprache und Literatur, ohne Worte? Ohne Worte sind wir Waisen der Geschichte – unsere Leben und Gedanken ausgelöscht. (Zitat aus dem Buch, Seite 11) Anana Johnson lebt in dieser Welt. Ihr Vater ist ein Relikt und gibt das letzte analoge Wörterbuch Amerikas heraus, legt Wert auf Schrift und Sprache und weigert sich vehement ein Mem zu nutzen. Mems sind Weiterentwicklungen unserer heutigen Smartphones, die ihrem Besitzer das Leben ungemein erleichtern und eine Symbiose mit ihrem Wirt eingehen. Das Mem überwacht und regelt und kümmert sich um Probleme und Gelüste, bevor man diese selbst wahrgenommen hat. Kurz vor der Veröffentlichung der dritten Ausgabe des Wörterbuchs verschwindet Anas Vater spurlos und fast zeitgleich beginnen die Menschen ihre eh schon nur noch simple Sprache zu verlieren und in einem unverständlichen Kauderwelsch zu brabbeln. Ein Virus greift um sich und die Tochter des Herausgebers sieht sich auf der Suche nach ihrem Vater schnell in Machenschaften verwickelt, die den Untergang der Zivilisation bedeuten könnten. “Das letzte Wort” ist zuallererst wunderschön geschrieben. Als Buchliebhaber ziehen bereits die ersten Seiten ein magisches Augenmerk auf die verwendete Sprache, die vielfältig dargestellt ist und den eigenen Wortschatz anzureichern vermag. Dies wird immer wieder mit Gedankengängen gewürzt, die anschaulich und treffend sind und unserer heutigen Zivilisation mehr als nur ein Problem vor Augen führt. Wer sich an wortgewaltiger Sprache, unterschiedlichen Erzählstilen und philosophischen Anmerkungen erfreuen kann, ist mit diesem Buch in seiner dystopischen Zukunftsversion mehr als gut beraten. Leider mangelt es diesem doch auch recht umfangreichen Buch jedoch auch an etwas. Die Autorin verliert sich zuweilen in ihrer Sprache und dem Philosophieren und vergisst darüber hinaus Spannung zu erzeugen. Zudem wird gerade die Protagonistin doch sehr naiv und abhängig von den Männern in ihrem Leben dargestellt, was sie jedoch gar nicht nötig hätte. Generell bröckelt der Charakterausbau etwas bis teilweise sehr, so dass der Realismus der Geschichte alleine durch den mahnenden Fingerzeit auf unser selbstverständliches Nutzen der Technik und dem selbstverständlichen Unnutzen unserer hauseigenen Fähigkeiten erzeugt und nicht durch seine Charaktere gestützt wird. Dies fand ich äußerst schade, da die Grundidee mehr als erschreckend und gut ist und spannender umgesetzt ein wirklich gutes Buch ausgemacht hätte. “Das letzte Wort” von Alena Graedon ist daher meiner Meinung nach durchaus interessant und empfehlenswert für Leser, die sich an Sprache ergötzen können und sich schon heute fremd in der Gesellschaft fühlen, weil diese immer niveauloser und seichter zu werden scheint. Wer keinen Spannungsroman sucht, sondern ein aufmerksam zu lesendes Buch mit wunderschönen Sätzen, einem Science-Ficiton-Anteil, dessen Fiktion fast schon Realität geworden ist, der ist hier goldrichtig.

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