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Rezension zu
Widerrechtliche Inbesitznahme

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein wunderbarer Roman über eine unerwiderte Liebe

Von: Christina Sauer aus Wadern
09.03.2016

Inhalt Die 31jährige Ester Nilsson ist Dichterin und schreibt Essays. Als sie den Auftrag erhält, den Künstler Hugo Rask zu porträtieren, nimmt ihr Leben eine entscheidende Wende. Die vernünftige junge Frau, die ihre Umgebung ganz genau wahrnimmt und diese Genauigkeit in der Sprache sucht, wandelt sich zu einer vor Liebe blinden Frau, die sich weigert die Realität anzuerkennen. Während sie ihren Vortrag über den Künstler schreibt, fühlt sie eine Verwandschaft mit ihm. Nach der Begegnung mit Hugo Rask, der angetan ist vom Vortrag Esters, steigert sich ihre Sehnsucht nach ihm und sie treffen sich regelmäßig. Sie beendet schließlich ihre Beziehung, um sich ganz dem Künstler zu verschreiben, der sie jedoch offenkundig nicht liebt und mit einer anderen Frau liiert ist. Jedes Mal, wenn es Ester fast gelingt, sich von ihm zu befreien, wirft er ihr einen "Knochen" hin, um sich ihrer erneuten Hingabe zu versichern und ihrer Hoffnung neue Nahrung zu geben. Hugo Rask ist ein Narzisst, was Ester jedoch vehement vor sich und ihrem Freundinnenchor leugnet. Anstatt ihr deutlich zu sagen, dass es keine Hoffnung für sie beide gibt, nährt er diese immer wieder mit beiläufigen Bemerkungen. Bewertung Die Geschichte an sich ist nichts Neues - sensationell ist jedoch die lakonische Sprache, die mit wenigen Worten die Gefühlswelt Esters einfängt und uns ihre Blindheit vor Augen führt. Erzählt wird zwar aus der personalen Perspektive Esters, aber aufgrund der Sie-Form und dem Fokus auf Esters Reflektionen, baut sich eine wohltuende Distanz zum Geschehen auf, so dass man einen mehr oder weniger objektiven Blick auf ihre Besessenheit werfen kann. Gerade weil man nicht mit Ester miterlebt, sondern ihren Leidensweg von außen betrachtet, kann man über ihre durchaus intellektuellen Erklärungsansätze lächeln. Der Roman entlarvt Esters "widerrechtliche Inbesitznahme" des geliebten Individuums als nicht berechtigt. Gleichzeitig verurteilt er implizit Hugos Verhalten, der mit seinem narzisstischen Wunsch nach Verehrung, Esters Hoffnung nährt. Diese Distanz und die philosophischen Betrachtungen machen den Roman in meinen Augen zu etwas Besonderem. Ein wunderbarer "Liebesroman", der die Mechanismen von Besessenheit und der immer wieder aufkeimenden Hoffnung einer Verschmähten sprachlich seziert.

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