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Rezension zu
Die hohe Kunst, unterm Radar zu bleiben

Das widerwillige Tagebuch von Henry K. Larsen

Von: Mikka Liest
14.02.2016

Es wird ganz schön schwierig, über dieses Buch zu schreiben, ohne schon zu viel zu verraten! Deswegen möchte ich zur eigentlichen Handlung nicht viel mehr sagen als das, was man dem Klappentext entnehmen kann: der 13-jährige Henry hat etwas unglaublich Traumatisches erlebt, das seine ganze Familie quasi über Nacht zerstört hat. Er kann und will nicht darüber reden, aber sein Therapeut hat ihm ein Tagebuch geschenkt, das Henry erst verächtlich in die Mülltonne pfeffert, aber dann doch widerwillig benutzt, um seine Gedanken aufzuschreiben. Sogar in diesem Tagebuch vermeidet es Henry lange, über ES zu schreiben, die schreckliche Sache vor acht Monaten, die alles verändert hat. Und ich denke, es ist für den Leser sinnvoll, der Geschichte auch so zu folgen, wie Henry sie erzählt - ohne vorher schon zur letzten Seite zu blättern oder im Internet nachzuforschen, was denn nun passiert ist! Denn es ist im Grunde ein Buch über Traumabewältigung und Weiterleben, und das geht nun mal nicht schnell oder einfach. Henry durchläuft die ganze Bandbreite der Gefühle: Leugnen, Wut, Schuldgefühle, Verwirrung, Feilschen mit dem Schicksal, Depression, Angst... Manchmal macht ihn das schwierig, unfair und sogar verletzend; weil er selber so sehr leidet, schlägt er blind um sich und das kriegen oft genau die Menschen ab, die das überhaupt nicht verdient haben. Ehrlich, er kann manchmal ein richtiger kleiner Mistkerl sein, aber ich konnte ihm das nie wirklich übelnehmen. Dahinter steckt keine echte Boshaftigkeit, sondern eine unerträgliche Mischung aus Schmerz und Hilflosigkeit, die er in sich hineinfrisst, die aber manchmal einfach explodiert. Das klingt jetzt so, als wäre es ein unheimlich deprimierendes Buch, das den Leser so richtig runterzieht - aber tatsächlich habe ich oft gelacht. Denn eigentlich ist Henry trotz allem ein witziger Typ mit einem pfiffigen, schrägen Humor. Außerdem hat er ein Talent dafür, in Fettnäpfchen zu treten und in die unmöglichsten Situationen zu geraten. Und er ist ein totaler Nerd. Die Geschichte ist oft unerwartet herzerwärmend, und das liegt vor allem an den Menschen, denen Henry in seiner neuen Stadt begegnet. Am Anfang findet er sie alle doof - den komischen Nachbarn mit den schiefen Zähnen, der ständig mit selbstgekochtem Essen vor der Tür steht, die aufgetakelte Tussi ein Stockwerk höher, die seinen Vater anflirtet, und vor allem seinen Klassenkameraden Farley, der so obernerdig ist, dass es sogar den Nerds peinlich ist. Henry will nicht mit Farley befreundet sein, denn dadurch würde er auffallen, und er will am liebsten unsichtbar sein, damit nie wieder etwas Schlimmes passieren kann. Aber Farley ist fest entschlossen, Henrys bester Freund zu sein, und bevor Henry es sich versieht, geht sein Leben weiter. Es gibt immer noch Probleme, es gibt sogar richtig schlimme Probleme - aber Henry stellt fest, dass er damit vielleicht nicht alleine ist. Es ist ein trauriges Buch, es ist ein witziges Buch und es ist vor allem ein positives Buch, ohne dabei Dinge zu beschönigen. Ja, das Leben ist manchmal grausam und unfair und schwer, aber es gibt auch Menschen, die anderen ganz uneigennützig die Hand reichen. Die Themen, die hier angesprochen werden, sind vielleicht nicht neu, aber sie werden in eine originelle, spannende Handlung verpackt, die darüber hinaus auch einfach witzig und unterhaltsam ist. Auch der Schreibstil hat mir gut gefallen; er gibt sehr glaubwürdig die Gefühle und Ansichten eines 13-jährigen Jungen wieder, ohne aufgesetzt oder zu kindlich zu klingen. Es gibt sogar ein klitzekleines bisschen Romantik, denn Henry lernt über Farley die kratzbürstige Alberta kennen, die mollig ist, ein Schielauge hat, lacht wie ein Pferd, sich kleidet wie ein Punk und in seinen Augen das tollste Mädchen aller Zeiten ist. Aber da die beiden erst 13 sind, bleibt alles sehr kindgerecht! Fazit: Ein Jugendbuch mit hammerharten, schwierigen Themen, die aber in einer Geschichte voller Humor und Herzenswärme angesprochen werden. In meinen Augen erreicht die Autorin dabei genau die richtige Mischung aus Ernsthaftigkeit und Unterhaltung! Ich könnte mir vorstellen, dass es sich ganz wunderbar als Schullektüre eigenen würde, aber ich fand es auch als Erwachsene sehr lohnend.

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