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Rezension zu
Während du stirbst

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Tammy Cohen – Während du stirbst (Blanvalet) +++Rezension & Interview+++

Von: Christian Funke
19.01.2016

Tammy Cohen Während du stirbst (Blanvalet) "Sehr wahrscheinlich werde ich TOT sein, bevor Sie das hier zu Ende gelesen haben." Drei Dinge gibt es über Jessica Gold zu wissen: Sie ist neunundzwanzig Jahre alt, sie hat eine Knopfphobie, und sie wurde entführt. Von einem Fremden, der sie zwölf Tage lang in seiner Wohnung gefangen hält, sie mit perfiden Grausamkeiten quält, sie angekettet in einer Hundehütte am Fuß seines Bettes schlafen lässt. Und jeden Tag überreicht er seinem Opfer ein Geschenk – eines grausamer als das letzte –, bis Jessica am zwölften Tag sicher weiß: Der Mann wird sie töten. Doch Jessica hat ein Geheimnis, von dem niemand etwas ahnt… Tammy Cohen arbeitet als freie Journalistin für verschiedene Zeitschriften und Magazine, u.a. für »Cosmopolitan« und »Woman and Home«. Auch wenn sie das Schreiben fiktionaler Texte erst spät für sich entdeckte, hat sie bereits vier Romane veröffentlicht. Sie lebt mit ihrem Partner, ihren drei (fast) erwachsenen Kindern und einem sehr ungezogenen Hund im Norden Londons. © Blanvalet & Woman & Home/Liz McAulay Meinung zur Veröffentlichung: Jessica Gold ist eine junge, psychisch labile Frau, die von einem attraktiven jungen Mann namens Dominic kurz vor Weihnachten im Café angesprochen wird. Doch Dominic erweist sich als sadistischer Psychopath, der sie entführt, um sein perfides Spiel mit ihr zu treiben… Mehr will ich hier jedoch nicht verraten, denn das würde den Spaß verderben. Genau von diesen Überraschungsmomenten lebt der neue Roman Während du stirbst der Autorin und Journalistin Tammy Cohen. Die Geschichte startet ohne einen großen Vorlauf, so dass man als Leser direkt ins Geschehen gezogen wird. Gegliedert in zwei Teile erleben wir hier den Part der vor und während der Gefangenschaft spielt, während Teil zwei die Zeit danach behandelt. Der Autorin gelingt dabei ein unglaublicher Spannungsaufbau und zahlreiche inhaltliche Wendungen, die selbst Vielleser überraschen dürften. Hier allerdings liegt jedoch auch der Haken, denn einige der Twists wirken ziemlich konstruiert und fügen sich nur schwer in die an sich stimmige Grundgeschichte ein. Dadurch fällt der zweite Teil des Buches meiner Meinung nach inhaltlich etwas ab. Letztendlich ist der Gesamteindruck jedoch auf positive Weise herrlich böse und gut lesbar! Während du stirbst erscheint als Taschenbuch mit geprägter Klappenbroschur in einer Übersetzung von Bernd Stratthaus bei Blanvalet (Originaltitel: Dying for Christmas, 416 Seiten, €9,99). Zudem sind aber auch das Hörbuch zum Download und das eBook erhältlich. Während du stirbst ist ein unglaublich stark beginnender Thriller, der dieses hohe Niveau zwar nicht komplett halten kann, aber solide und wendungsreich zu unterhalten vermag. Interview mit Tammy Cohen zu »Während du stirbst« Wussten Sie, dass Tammy Cohen unter einer Knopfphobie leidet? Liebe Tammy Cohen, wollen Sie uns etwas aus Ihrem Leben erzählen? Ich bin in Ibadan, Nigeria, zur Welt gekommen, wo mein Vater, ein Ethnologe, Feldstudien betrieb. Obwohl ich schon nach ein paar Wochen nach Großbritannien zurückkam, war ich hocherfreut, als ich mich vor kurzem auf Goodreads auf einer Liste der besten nigerianischen Schriftsteller wiederfand. Man nimmt, was man kriegen kann! Abgesehen von dem ein oder anderen Jahr, das ich im Ausland verbrachte, wenn mein Vater gerade ein Freisemester hatte – ich bin sowohl in Sierra Leone als auch in Kalifornien zur Schule gegangen, kenne also die ganze Bandbreite dessen, was man in seiner Ausbildung erleben kann –, bin ich zum überwiegenden Teil im Großraum London aufgewachsen. Der Fixpunkt meiner Teenagerzeit war die letzte U-Bahn, die noch nach Hause fuhr. Nachdem ich in Manchester Amerikanistik studiert hatte, und zwar ausschließlich aus dem Grund, damit ich ein Jahr in den USA verbringen konnte, arbeitete ich ein Jahr lang als Englischlehrerin in Spanien. Zurück in London nahm ich einen Job als Sekretärin an und schrieb nebenher journalistische Artikel, die ich dem Zeitschriftenverleger um die Ecke zukommen ließ. An dem Tag, an dem der erste dieser Texte angenommen wurde, ließ ich meinen Job sausen und erklärte mich zur freiberuflichen Journalistin, und das blieb ich im Großen und Ganzen für die folgenden zwanzig Jahre. Ich schrieb weiter Artikel für überregionale Zeitschriften und Zeitungen, bevor ich mich ans Bücherschreiben wagte – zuerst nur Sachbücher, schließlich aber auch Romane. Heute lebe ich mit meinem Partner, drei (fast) erwachsenen Kindern und einem sehr schlecht erzogenen Hund im Londoner Norden. Wir haben alle zusammen auch mal im Ausland gelebt – vier Jahre in Spanien –, und bis heute lebe ich mit der Furcht, dass die Leute das herausfinden und mich irgendwas auf Spanisch fragen könnten, das ich peinlicherweise immer noch sehr schlecht spreche. Wenn ich nicht gerade schreibe – oder vielmehr: wenn ich mal wieder beim Schreiben versage –, lese ich für gewöhnlich, esse indische oder libanesische Speisen oder zerre den Hund zu einer weiteren nutzlosen Trainingsstunde. Warum haben Sie sich entschieden, Schriftstellerin zu werden? Ich habe mich im Alter von ungefähr fünf Jahren entschlossen, Autorin zu werden, also ist es eigentlich lächerlich, dass ich dann noch vierzig Jahre gebraucht habe, um dieses Ziel zu erreichen. Woher nehmen Sie die Inspiration für Ihre Romane? Ich plündere schamlos die Lebensgeschichten meiner Freunde für meine Geschichten aus – sie pflegen inzwischen ihre Anekdoten mit folgenden Worten zu beenden: „Und wehe, das taucht in einem von deinen Büchern wieder auf!“ Viele Ideen finde ich auch in Zeitungen. Ich bin immer auf der Suche nach besonderen oder eigenartigen Geschichten. Ein großer Teil der Kriminalliteratur scheint den Realitätssinn der Lesenden hart auf die Probe zu stellen, doch ich bin eigentlich der Meinung, dass die Realität selbst oft tausend Mal unglaublicher ist. An welcher Geschichte arbeiten Sie zurzeit? Gerade habe ich ein neues Buch begonnen. Ich habe eine Grundidee und spiele ein bisschen mit ihr herum, versuche ihr irgendeinen Lebensfunken einzuhauchen. Ich wünschte, ich wäre eine dieser Autorinnen, die die ganze Handlung auf Millionen kleiner Post-its ausbreiten, bevor sie zu schreiben beginnen, doch meine Bücher entwickeln sich sehr viel organischer, indem ich mit einer bestimmten Situation oder Szene beginne und dann schaue, was sich aus ihr ergibt. Mein neues Buch wird ein Psychothriller, in dem sehr düstere Sachen passieren, doch mehr kann ich im Moment noch nicht verraten. Wer sind Ihre Lieblingsautoren? Ich habe Joseph Heller Catch-22 als Teenager gelesen, und ich breche immer noch vor Lachen zusammen, wenn ich es lese, obwohl das irgendwie nicht political correct ist. Ich bin voller Ehrfurcht für Autorinnen wie Anne Tyler und Ann Patchett, die es schaffen, Charaktere mit Fehlern und in schwierigen Situationen, dabei aber immer noch mit viel Herz und Wärme zu beschreiben. Donna Tartts Bücher sind wie Naturgewalten – sie saugen dich ein, tragen dich irgendwohin, spucken dich am Ende wieder aus, und man ist sich nie sicher, was eigentlich passiert ist, weiß aber, dass es auf jeden Fall großartig war. Welche Bücher haben Sie kürzlich gelesen? Ich habe Louise Doughtys Ein Schritt zu weit geliebt, das sowohl ein toller Kriminalroman als auch wunderbar geschrieben ist. Emily St. John Mandels Das Licht der letzten Tage und Miriam Toews‘ All My Puny Sorrows fand ich ergreifend, zugleich sind es aber auch lebensbejahende Bücher (und in Toews‘ Fall außerdem noch zum Brüllen komisch), was eine sehr schwierige und große Leistung ist. Dieses Jahr habe ich außerdem noch Elena Ferrante, die geheimnisvolle italienische Autorin, für mich entdeckt und ihre Neapel-Serie verschlungen. Ich liebe außerdem sehr Patrick Gales A Place Called Winter – das ist Geschichtenerzählen auf höchstem Niveau. Was ist Ihr Lebensmotto? Als jemand, der von Natur aus faul ist und gern in einen Trott verfällt, muss ich mich immer wieder daran erinnern, etwas zu tun, zu handeln, zu verändern, also wiederhole ich mir selbst gegenüber – fast wie ein Mantra – die Worte der Dichterin Mary Oliver: „Sag mir, was du tun willst/Mit deinem einen wilden Leben?“ Etwas an diesen Zeilen treibt mich dazu an, mich immer weiter anzustrengen. Was tun Sie, wenn Sie nicht schreiben? Ich treffe mich mit Freunden – esse, trinke Rotwein, gehe spazieren, lese viel und habe eine Tendenz, exzessiv TV-Serien wie Breaking Bad oder House of Cards zusammen mit meiner Tochter anzuschauen. Fünf Dinge, die wir noch nicht von Ihnen wussten … 1. Ich habe in einem Jugendorchester Horn gespielt. 2. Ich habe eine Knopfphobie. 3. Ich hatte mal eine Phase, in der ich nur gelbe oder orange Lebensmittel zu mir genommen habe. 4. Mir ist mal ein Reifen auf einer Schnellstraße geplatzt, und das Auto landete auf dem Dach. Eine Packung Babyreis platzte dabei, sodass weiße Flocken durch die Luft schwirrten und mein Partner Michael mich fragte: „Sind wir im Himmel?“ 5. Ich hatte mal eine wöchentliche Zeitschriftenkolumne über das Familienleben – sie hieß „Tammys verrückte Welt“ –, bis meine Kinder alt genug waren, um sich dagegen zu wehren, im Grunde wöchentlich in einem Druckerzeugnis zum Deppen gemacht zu werden. Wie würden Sie Ihren Roman Während du stirbst in einem Satz beschreiben? Eine junge Frau wird beim Weihnachtseinkauf gekidnappt und von einem Mann gefangen gehalten, der ihr zwölf Geschenke macht – eins für jeden Tag der Weihnachtszeit –, von denen eines verstörender als das andere ist. Was war für Sie die Inspiration zu diesem Roman? Meine Lektorin fragte mich, ob ich irgendwelche Ideen für einen Roman mit einem Weihnachtsthema hätte, und ich musste sofort daran denken, wie toll es wäre, das traditionelle gemütliche Bild von Weihnachten zu nehmen und es in etwas Furchterregendes zu verwandeln. Es gibt also einen Weihnachtsbaum mit zwölf wunderschön eingewickelten Geschenken darunter, doch die Leser wissen, dass in jedem dieser Geschenke etwas steckt, was sie wirklich, wirklich nicht sehen wollen. Wer ist Ihre Lieblingsfigur in dem Buch und warum? Auf die Gefahr hin, dass die Leute von nun an die Straßenseite wechseln, wenn sie mir begegnen, muss ich sagen, dass Dominic Lacey meine Lieblingsfigur ist. Ich hatte noch nie zuvor aus der Sicht eines Psychopathen geschrieben und keine Ahnung, wie viel Spaß das macht. Dominic ist gebrochen und gefährlich und kennt überhaupt kein Mitgefühl, doch er ist auch charmant und sich selbst gegenüber immer aufrichtig. Er kennt keine Grenzen, das macht ihn zu einem Traum für jeden Autor. Welche Szene war am schwierigsten zu schreiben? Für mich war es am schwierigsten, über eine junge Frau zu schreiben, die von einem sexuellen Sadisten gefangen gehalten wird, und dabei den anspruchsvollen Balanceakt zu meistern zwischen dem zu unterscheiden, was Grusel erzeugt, und dem, was einfach nur noch grenzüberschreitend und ausbeuterisch ist. Trotz des Themas gibt es im gesamten Buch keine Beschreibungen von sexueller Gewalt, weil es schwer ist, sich nicht als Voyeurin zu fühlen, wenn man sie schreibt oder auch liest. Ich musste gewährleisten, dass Dominics Sadismus durch seine totale Herrschaft über alle Aspekte von Jessicas Leben herüberkommt – die Dinge, die er sie zu essen und zu tragen zwingt, und die Psychospielchen, die er mit ihr spielt –, ohne dass ich dafür auf explizite Gewaltszenen zurückgreifen musste. Welche Leser, glauben Sie, werden Freude an Ihrem Roman haben? Alle, die gern Thriller oder psychologische Spannung mögen oder die von knuffigen, herzerwärmenden Weihnachtsgeschichten genug haben und die es sich lieber mit etwas Grausigerem über die Weihnachtstage gemütlich machen wollen. © Interview: Randomhouse Christian Funke

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