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Rezension zu
Leaving Berlin

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Thriller vom Feinsten

Von: Fräulein Julia
26.11.2015

Eigentlich bin ich kein Fan von Thrillern, zu viele Tote dürfen in meinen Büchern nicht vorkommen – doch bei “Leaving Berlin” von Joseph Kanon überwog wieder die Neugier: Der Roman spielt 1949 zur Zeit der Luftbrücke in Berlin. Noch steht die Mauer nicht, doch die Spannungen sind dadurch nicht geringer. Ein wahrer Schmöker! Dass Berlin, in das Alex Meier 1949 aus seinem Exil in den USA zurückkommt, ist ein besonders graues und traurig anzuschauendes: Der zweite Weltkrieg hatte die Stadt zu großen Teilen zerstört, die Paläste und Monumente in Trümmer verwandelt, unzähligen Familien ihr Zuhause zerschossen. Der Sowjetsektor hat kurz zuvor alle Zugänge zu West-Berlin blockiert, weshalb die Amerikaner im Minutentakt Kohlen und Lebensmittel für die hungernden West-Berliner in Flugzeugen nach Tempelhof bringen – die berühmte Luftbrücke. Wieso kommt der Schriftsteller, der gebürtige Berliner ist und vor dem dritten Reich wilde Zeiten in der Stadt feierte, überhaupt zurück? Es ist der Kulturbund des Ostsektors, der Meier – einen offenen Kommunisten – zu einem Aufenthalt in seiner Heimatstadt einlädt. Durch sie erhält er Privilegien, von denen die restlichen (Ost-)Berliner nur träumen können: Eine Wohnung in der schmucken Rykestraße in Prenzlauer Berg, ein Telefon und Kontakt zur geistigen Elite des Nachkriegsdeutschland. So diskutiert Meier mit Bertolt Brecht über dessen Theaterstück “Mutter Courage” und schmeichelt Anna Seghers, die u.a. mit den Romanen Das siebte Kreuz und Transit, geschrieben im mexikanischen Exil, berühmt geworden war. Und dann taucht auch noch seine Jugendliebe Irene auf, die sich den russischen Befehlshabern gefügig hält, um sich ein besseres Leben zu sichern. 9783570101797_CoverEin gefährliches Unterfangen Doch Alex Meier spielt eine Doppelrolle: Er ist nicht nur auf Einladung des Kulturbundes hier, sondern ebenfalls als Spion für die USA tätig: Dort war er zuvor wegen seiner kommunistischen Überzeugung festgenommen und erpresst worden. Wolle er seinen kleinen Sohn jemals wiedersehen, so müsse er kooperieren. Meier bleibt nichts anderes übrig und so spielt er vordergründig den harmlosen Exilanten, um an wertvolle Informationen zu kommen, die er hinterrücks an die Westmächte verplappert. Ein gefährliches Spiel, dass noch riskanter wird, als er über seine ehemalige Freundin Irene an deren Gönner Major Markowski kommen soll, der offenbar für Zwangsarbeiterlager im Erzgebirge zuständig ist. Und natürlich lodern seine Gefühle für die hübsche Frau erneut auf… Ähnlich wie Lilli Berlin von Ulf Miehe oder Die letzte echte Frau von Claus Cornelius Fischer ist auch Leaving Berlin von Joseph Kanon bis zum letzten Satzzeichen mit Details und Informationen gefüllt, die allesamt für das Verständnis des Geschehens wichtig sind. Es ist also auch hier von Vorteil, wenn man sich zum einen etwas mit der Geschichte Berlins auskennt, zum anderen mit den Wirren es Kalten Krieges und den diversen Spionen, die – das passiert nämlich auch Alex Meier – womöglich noch als Doppelagent arbeiten. Doch auch wenn einem das ein oder andere entgeht, bleibt dieser Roman ein wahrer Thriller, den man, um den spannenden Lesefluss nicht zu unterbrechen, am liebsten mit unter die Dusche nehmen möchte! Joseph Kanon: Leaving Berlin. Aus dem Amerikanischen von Elfriede Peschel. C. Bertelsmann, 2015. Gebunden, 448 Seiten, 19,99€. ISBN: 978-3-570-10179-7

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