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Rezension zu
Die Brüder

Sag mir, wo die Brüder sind ...

Von: Michael Seiler
31.10.2015

ACHTUNG: Diese Rezension enthält möglicherweise Spoiler zum ersten Teil der Reihe - "Die Brückenbauer". Dieser Band ist der zweite in Jan Guillous Brückenbauer-Saga. Das erste Buch von Jan Guillous Romanreihe hatte bereits fast achthundert Seiten. Die waren gut gefüllt, haben aber dennoch eines offen gelassen - das Schicksal des jüngsten Lauritzen-Bruders. Es wurde zwar manches angedeutet, im Wesentlichen konzentrierte sich die Handlung jedoch auf Oscar und Lauritz, die sich nach ihrem Ingenieursabschluss auf zwei unterschiedlichen Kontinenten wiederfanden. Grund genug, dem verschwundenen Sverre Lauritzen nun seinen eigenen Roman zu widmen. Nach seinem überstürzten Aufbruch aus Dresden findet der sich mit seinem Geliebten Albie auf der Reise nach England wieder. Erst dort wird ihm richtig bewusst, dass sein bester Freund und Liebhaber ein echter englischer Lord ist, während Sverre aus einer einfachen norwegischen Fischerfamilie stammt. Einige Missverständnisse später ist er jedoch einigermaßen in Albies noble Familie integriert. Die beiden Herren leben diskret in einer Villa nahe des Familienschlosses und träumen davon, mithilfe der Ingenieurskunst die Welt zu verändern. Doch auch die "richtige" Kunstszene fasziniert Sverre, der sich bald mit Albie und dessen Schwester der Londoner Bohéme anschließt. Ein nicht ganz ungefährliches Vorhaben, denn unter den Vorzeichen des drohenden Ersten Weltkriegs wittert man überall Verrat, erst recht unter den "Alternativen"... Jetzt erhalten wir also Einblicke in eine ganz andere Welt. Während Oscar und Lauritz mit ihrer Hände Arbeit um ihr Überleben kämpfen, lässt es sich der jüngere Bruder Sverre im direkten Vergleich erst einmal gut gehen. Doch auch auf ihn warten Herausforderungen. Die Beziehung zu einem Mann steht zu dieser Zeit in England unter Strafe und junge Künstler sind für die herrschenden konservativen Kräfte auch nicht sonderlich gern gesehen. Eine Menge Stoff für Konflikte also. Leider wird das nur wenig genutzt. Dafür beschreibt Jan Guillou die Szene, in der sich die Hauptprotagonisten bewegen, mit einer Anschaulichkeit, wie man sie sich schon lange gewünscht hat. Wer schon immer einmal wissen wollte, warum Oscar Wilde, der heutige als klassischer Schriftsteller gilt, einst so skandalös war, der ist hier genau richtig. Als Geschichtsbuch taugt Die Brüder damit sogar in gewisser Weise. Insgesamt verfällt der Autor jedoch immer wieder in den breiten ausführlichen Erzählstil, der schon seinen eigentlich sehr interessanten Historienroman Der Kreuzritter - Aufbruch etwas schwierig gemacht hat. Der Informationsgehalt und die faszinierende Einsicht in diese Epoche sind ohne Frage hervorragend recherchiert und üppig wie nie. Einem Roman ist das allerdings nicht immer zuträglich. Dialoge kommen zuweilen vor, man lernt die Charaktere aber eher indirekt über das kennen, was über sie erzählt wird. Das Konfliktpotential homosexueller Beziehungen zu Anfang des Jahrhunderts wird gleichfalls kaum ausgespielt. Ja, es gibt Reibereien, aber selbst Fernsehserien wie Downton Abbey waren da deutlicher. Die Stärken liegen hier eindeutig in den Geschichtskenntnissen des Autors. Hat man sich erstmal durch diese hindurchgelesen, kann der Stoff interessierten Lesern durchaus taugen. Allerdings führt auch der Titel in die Irre: Um die Brüder (Lauritzen) geht es hier nur in wenigen Zeilen. Originaltitel: Dandy Seitenzahl: 448 Format: 12 x 19 cm, Taschenbuch Verlag: Heyne

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