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Rezension zu
Die Brüder

En anspruchsvolles Panorama: Ingenieurskunst trifft die Kraft der Liebe

Von: Detlef M. Plaisier
29.09.2015

<em>Der schwedische Autor Jan Guillou führt ein bewegtes Leben. Als Journalist und Schriftsteller wie als politisch interessierter und sich einmischender Bürger. Wer bereits einmal wegen Investigativem im Gefängnis saß und zudem für den KGB gearbeitet hat, der eröffnet allein in seiner Person jenen Resonanzraum mit allen bekannten Zutaten, die wir gemeinhin als Voraussetzung legendären Erzählertums, legendärer Autorschaft ansehen. Nicht überraschend ist daher Guillous Entwicklung vom Zeitungsschreiber hin zum Autor, der gern große Panoramen entfaltet und dabei mit essentiellen Zutaten nicht spart, als da wären: große Länder, große Erfindungen, große Vorbestimmungen und natürlich die große Liebe.</em> Drei Brüder sollen Brücken bauen. Doch der Jüngste, Sverre, mag nicht in jenes Land zurückkehren, in dem so viele Brücken zu bauen sind. Das ehrgeizigste Ingenieursprojekt Norwegens ist lang nicht so zwingend wie die Kraft der Liebe. Sverre folgt seinem Kommilitonen Albert, in den er sich verliebt hat, vielmehr nach England. Mit „Die Brüder“ hat Jan Guillou einen gelungenen Roman über die Moderne vorgelegt. Die Handlung, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielt, entfaltet vor dem Hintergrund der großen Verlockungen und Möglichkeiten von Naturwissenschaft und Ingenieurskunst die doch am Ende mächtigere Kraft der Liebe. Der deutsche Leser wird Genuss aus den Szenen ziehen, die etwa in Berlin spielen. So jene Passage, in der ein spektakulärer Kunstraub beschrieben wird, dem das Berliner Kaiser-Friedrich-Museum zum Opfer gefallen war. Hier wie an vielen Stellen verschränkt Guillou in meisterlicher Weise das Alte, symbolisiert durch hergebrachte Kunstfertigkeit im Malen, mit der Moderne, namentlich mit den Möglichkeiten der modernen Chemie. Studentischer Streich, der von der Komik bald in Schrecken umschlagen sollte: Sverre fertigt mit Hilfe einiger angehender Chemiker eine Kopie des entwendeten Rembrandts an, die so gelungen gerät, dass die anschließende Ausstellung die Polizei und mit ihr Kunstsachverständige auf den Plan ruft. Die vorher angestellten Farbexperimente in einem speziellen Ofen hatten die jungen Maler befähigt, sogar die Krakelüren des Originals täuschend echt zu imitieren. Die Krakelüren, das filigrane Netz von Rissen und Sprüngen auf der Oberfläche alter Ölgemälde, ist ein kunstfertiger Griff in das nicht eben große Reservoir gelungener, wirkungsvoller Metaphern. Die Maschinenwelt mit ihrer Naturwissenschaft und ausgereiften Technik vermag viel. Aber am Ende sind die Krakelüren, ist die fein geäderte Oberfläche eines von der Liebe eingenommenen Herzens nicht in anmaßendem und jugendlich-überschwänglichem Zugriff zu täuschen. Diesen Krakelüren ist vielmehr zu folgen. „Hier (in England, Anm. des Rezensenten) führen die beiden das wilde Leben der Boheme“, lässt sich denn also der Klappentext vernehmen. Autor der Rezension ist Karl Sensburg. Er gehört zum Autorenpool von Detlef Plaisier [Der Mann für den Text] Leipzig.

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