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Rezension zu
Hanne. Die Leute gucken schon

Ein ganz wunderbarer zweiter Band einer temporeichen Familiengeschichte

Von: Christina Boersch von büchertanz.de
18.01.2023

Das Buch „Hanne – Die Leute gucken schon“ von Felicitas Fuchs, ist der zweite Teil einer Trilogie, welche die persönliche Familiengeschichte der Autorin erzählt. Minden im Jahr 1951: Etwa sechs Jahre sind nach Ende des Zweiten Weltkrieges vergangen, welcher vielen Millionen Menschen den Tod brachte und die gesamte Welt ins Chaos stürzte. Hanne, welche mitten im Krieg geboren wurde, wächst in bescheidenen Verhältnissen auf. Ihre Mutter Minna, welche von ihrem Mann in Trennung lebt, versucht trotzdem das Beste aus dem Leben heraus zu holen und auch, dass alles in geregelten Bahnen verläuft. Doch als Minna und Hanne beide kurz hintereinander schwer erkranken, wird ihr Leben auf eine harte Probe gestellt. Und dann begegnet Hanne dem reizvollen, aber viel älteren Paul Wagner. Sie verliebt sich zum ersten Mal Hals über Kopf und kurz darauf steht nicht nur Hannes Welt völlig auf dem Kopf. Felicitas Fuchs ist das Pseudonym der Erfolgsautorin Carla Berling, mit der ich schon seit einiger Zeit auf Facebook befreundet bin. Vor einiger Zeit kündigte sie in den Sozialen Medien an, dass sie eine dreibändige Romanreihe veröffentlicht, welche ihre eigene Familiengeschichte erzählt. Der erste Teil der Reihe beschreibt hierbei das Leben ihrer Großmutter, welche von 1905 bis 1978 lebte. Mein Interesse an der Reihe war direkt geweckt. Die Zeit nach dem ersten Weltkrieg finde ich immens spannend und auch wichtig, um die Zeit des Nationalsozialismus halbwegs zu verstehen. Wenn dann auch noch Historie anhand einer teils wahren Lebensgeschichte erzählt wird, wird für mich alles noch mal greifbarer und lebendiger. Das Buch musste ich einfach lesen – und ich wurde auf keiner Seite enttäuscht: Die Geschichte von Minna hat mich komplett umgehauen und in ihren Bann gezogen. Es war ganz klar, dass ich auch den zweiten Band „Hanne – Die Leute gucken schon“ auch direkt lesen musste. Dieser stellt Minnas Tochter Hanne in den Mittelpunkt der Geschichte und behandelt das Thema der Nachkriegszeit in Deutschland – ein Thema, über welches ich immer wieder gerne lese. Und natürlich wollte ich auch unbedingt wissen, wie es mit all den Figuren aus dem ersten Band der Reihe weitergeht. Bei erster Gelegenheit fragte ich den zweiten Band im ‚Bloggerportal‘ an, bekam es genehmigt und vorzeitig zugesendet. An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an den Heyne Verlag. Das Buch ist, wie auch der erste Band, eine sehr schöne und hochwertige Klappbroschur. Das stimmige Cover passt perfekt zum ersten Band und zeigt ein Foto mit einer Frau und einem kleinen Kind am Strand. Die Beiden schauen nicht in die Kamera, sondern seitlich vorbei in die gleiche Richtung. Das in minzgrün gehaltene Cover zieren Zeichnungen von Lilien, der Titel des Buches prangt in braun-goldener Schrift über dem Foto. Der Name der Autorin steht in schwarzen Großbuchstaben über dem Buchtitel. In der vorderen Klappe des Buches befinden sich drei Fotos, welche einige Familienmitglieder der Autorin und gleichzeitig die Hauptfiguren des Buches zeigen. In der hinteren Klappe befindet sich eine Übersicht zu den drei Bänden der Familien-Saga. Der Prolog des Buches setzt im Oktober 1961 und machte mich direkt sehr neugierig auf die Handlung. Mit dem ersten Kapitel geht es dann in den Juli 1951 zurück. Das letzte Kapitel setzt dann im Mai 1978 an – somit umfasst die gesamte Handlung des Buches fast 27 Jahre. In diesem Band steht Minnas Tochter Hanne im Mittelpunkt der Geschichte: Sie ist ein sehr stilles und in sich gekehrtes Kind, welches selten Widerworte gibt. Doch der zweite Weltkrieg hat auch in ihrer Seele tiefe Wunden hinterlassen. Zusammen mit ihrer Mutter Minna, aber ohne Vater, wächst Hanne in einer kleinen Wohnung in Minden auf. Eine unbekümmerte Kindheit und Jugend ist dem schüchternen Mädchen nicht vergönnt, da sie schwer erkrankt und viel Zeit in Heilanstalten verbringen muss. So ist es kein Wunder, dass sie nach ihrer Heilung etwas leichtgläubig in die Welt geht. Die junge, sympathische und etwas naive Hanne erfährt während der Handlung des Buches eine immense Wandlung und entwickelt sich zu einer Frau, welche es mir nicht immer einfach machte, sie zu weiterhin zu mögen. Einerseits tat sie mir unendlich leid, auf der anderen Seite empfand ich sie ganz oft einfach nur ungerecht. Darauf möchte ich nicht mehr eingehen, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme. Aber eines noch: Hanne ist ein absolut glaubhafter und vor allem facettenreich gezeichnete Figur, welche ich so schnell nicht mehr vergessen werde. Minna, welche im ersten Band den Ton angeben hat, tritt in diesem Teil etwas hinter die Geschichte ihrer Tochter. Doch sie ist noch immer sehr präsent und lenkt die Geschichte. Ihre wechselvolle Lebensgeschichte, ihr Temperament und auch ihr ‚sich nicht unterkriegen lassen‘ haben mir schon im ersten Band sehr gefallen und auch imponiert – in diesem Teil der Geschichte kämpft sie auch immer wieder für ihre Familie und lässt sich auch von einigen Schicksalsschlägen nicht so schnell aus der Bahn werfen. Neben Hanne und Minna spielen noch einige weitere Figuren große und kleine Rollen. Einige der Figuren sind bereits bekannt, es kommen aber auch einige neue Charaktere hinzu. Sie alle, egal ob sie ein reales Vorbild haben oder fiktiv sind, hat Felicitas Fuchs (Carla Berling) wahnsinnig authentisch, lebensecht und vor allem facettenreich gezeichnet und sie zeigt mit ihnen und ihren Lebensgeschichten ein gutes Bild der vom Zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit schwer gezeichneten Gesellschaft. In Erinnerung bleiben wird mir auf jeden Fall die sehr bewegende Geschichte von Minnas sanftmütigen Bruder Karl, welcher nie seinen Lebensmut verliert – auch wenn seine Lebensumstände mit seiner jähzornigen und rauen Ehefrau Wilhelmine noch so widrig sind. Und auch die wechselvolle Geschichte von Minnas (fiktiver) Freundin Fannie und deren Familie konnte mich auch in diesem Teil wieder sehr berühren. Es bleibt auf jeden Fall spannend, wie es mit einigen der Figuren im dritten und letzten Band dieser Buchreihe weitergehen wird. Wie schon erwähnt, handelt es sich um die Familiengeschichte der Autorin. Während der erste Band der Trilogie die Lebensgeschichte der Großmutter Minna erzählt, welche 1905 geboren wurde und den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, die Inflation, das Dritte Reich, den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit erlebte, zeigt der hier vorliegende Band nun das Leben der Mutter der Autorin: Ein Leben, welches noch immer sehr vom Zweiten Weltkrieg und der entbehrungsreichen Nachkriegszeit gezeichnet war. Felicitas Fuchs (Carla Berling) setzt mit dieser Buchreihe ihrer Großmutter und ihrer Mutter ein großes und unvergessliches Denkmal. Mit ihrem detaillierten, aber durchaus auch flotten Sprachstil hat mich die Autorin wieder direkt mit in die Geschichte genommen. Die Seiten flogen nur so dahin und innerhalb weniger Tage waren die 600 Seiten weggelesen. Nur äußerst ungern legte ich das Buch aus den Händen und vergaß beim Lesen völlig die Zeit. Die chronologisch erzählte Handlung des Buches wirkt zu keiner Zeit überfrachtet oder gar unlogisch – alles und jede/r hat seinen/ihren Platz in der Geschichte. Ich konnte der Handlung immer gut folgen und mich völlig in diese mitreißende Geschichte fallen lassen. Emotional nahm mich die Geschichte wieder sehr mit, und mir schossen das ein oder andere Mal die Tränen in die Augen. Im Prinzip lässt sich dieser Band auch ohne Kenntnis des ersten Bandes lesen – ich empfehle aber trotzdem, dass man „Minna – Kopf hoch – Schultern zurück“ zuerst gelesen hat, da man dann Begebenheiten, Figuren und ihr Verhalten/ ihre Entwicklung besser zuordnen und verstehen kann. Den geschichtlichen Hintergrund bilden die Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs, welcher mutmaßlich weltweit mehr als 70 Millionen Menschen das Leben kostete. Nach Ende des Krieges liegt die Welt in Trümmern – und auch in vielen deutschen Städten reiht sich eine Ruine an die andere. Nach dem ‚Hungerwinter 1946/ 1947‘, welcher hunderttausenden Menschen den Tod brachte und erst 1948 nach der Stabilisierung der Versorgung der Bevölkerung endete, kam es mit der Währungsreform im Sommer 1948 und der Gründung der BRD 1949 in den westdeutschen Gebieten zu einem Wiederaufbau und wirtschaftlichen Aufschwung. Doch auch Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges war die Gesellschaft noch immer von den Wunden schwer gezeichnet – Wunden welche auch nicht so schnell verheilen konnten. In vielen Köpfen war der (Alltags)-Rassismus weiterhin fest verankert und viele ehemalige Nationalsozialisten hatten wieder ihren Platz in der Gesellschaft und der Arbeitswelt gefunden. Die Gesellschaft schwankte zwischen ‚Vergessen wollen‘ und der Aufarbeitung des Holocausts. All diese Themen und Hintergründe stellt Felicitas Fuchs fundiert und kenntnisreich da und verbindet diese gekonnt mit den (größtenteils wahren) Geschichten ihrer Protagonisten. Dadurch wird Geschichte erleb- und greifbar. Dies ist ein ganz wunderbarer zweiter Band einer temporeichen Familiengeschichte. Ich freue mich schon so sehr auf den dritten Band, welcher am 12. Juli 2023 erscheinen wird. Herzlichen Dank liebe Felicitas Fuchs für dieses mitreißende Lese-Erlebnis. Fazit: Was für eine unvergessliche und mitreißende Geschichte, welche ich mit Sicherheit noch einmal lesen werde. Am Ende des Buches brannten meine Augen – ich hatte vor Rührung und auch Traurigkeit die Tränen in den Augen. Absolut lesens- und empfehlenswert – aber Vorsicht: Absolute Suchtgefahr!

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