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Rezension zu
Kolibri

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein guter Finnland-Krimi mit einer interessanten jungen Ermittlerin

Von: Büchermonster
26.07.2015

Während Schweden und Norwegen mit schöner Regelmäßigkeit Schauplatz düsterer und melancholischer Kriminalromane sind, scheint das benachbarte Finnland von Gewalttaten weitestgehend verschont zu bleiben – zumindest wenn man rein nach den Krimi- und Thriller-Bestsellerlisten geht. Dass man aber selbst in der finnischen Provinz nicht von Mord und Totschlag verschont bleibt, muss die junge Polizistin Anna Fekete, Hauptfigur in Kati Hiekkapeltos Reihenauftakt „Kolibri“, jedoch am eigenen Leib feststellen, denn kaum hat die Finnin mit ungarischen Wurzeln ihre neue Stelle in der alten Heimat angetreten, wird sie auch schon mit einer grausam zugerichteten Frauenleiche im Wald konfrontiert. Für Anna ist der Mord an einer jungen Joggerin aber gleich in doppelter Hinsicht ein Sprung ins kalte Wasser, denn der Fall ist nicht nur ihr erster echter Einsatz bei der Kripo, sie muss sich zudem auch in kürzester Zeit in ihr neues Team hineinfinden. Während ihr Vorgesetzter sich über den sich in der Statistik gut machenden Migrationshintergrund der neuen Mitarbeiterin freut und auch ein Großteil der Kollegen das junge Teammitglied freundlich willkommen heißt, wird Annas neuer Partner Esko Niemi für sie aber zu einer ebenso großen Herausforderung wie der Fall selbst: Für den ungepflegten und rassistischen alten Haudegen ist Annas Biografie ein gefundenes Fressen und Esko lässt keine Gelegenheit aus, der jungen Polizistin das Leben so schwer wie möglich zu machen. Während der Mordfall anfangs noch ein wenig unspektakulär vor sich hinplätschert, lebt „Kolibri“ zunächst von genau dieser reizvollen Figurenkonstellation: So sehr man Esko für seine fremdenfeindlichen Sprüche und sein diskriminierendes Verhalten auch verachtet – für die Geschichte ist der Quertreiber ein großer Gewinn, zumal er Kati Hiekkapelto viel Gelegenheit gibt, ihre eigentliche Hauptfigur zu formen. Denn Anna Fekete ist keinesfalls jemand, der vor Konfrontationen zurückscheut und sie wächst nicht nur an ihren Herausforderungen, sondern ist auch selbst trotz ihres jungen Alters eine Figur mit Ecken und Kanten – da kann es schon einmal passieren, dass Anna nach einer durchzechten Nacht inkl. bedeutungslosem One-Night-Stand mit Riesen-Kater zum Dienst erscheint und am Fundort einer Leiche nicht nur aufgrund des erschütternden Anblicks vor Übelkeit kaum einen klaren Gedanken fassen kann. Zudem schenkt die Autorin auch dem persönlichen Hintergrund ihrer Protagonistin viel Beachtung und liefert so nicht nur interessante Einblicke in das Leben einer Flüchtlingsfamilie aus der Balkenregion, sondern nutzt dies auch zu einer generellen Betrachtung der finnischen Ausländerpolitik und Rassismus im Alltag. Als Serienfigur bringt Anna Fekete also durchaus großes Potenzial mit, die Story hingegen ist in Bezug auf das Spannungsniveau noch ein wenig ausbaufähig – die Bezeichnung „Thriller“ ist hier eindeutig zu hoch gegriffen, denn dafür fehlt es „Kolibri“ schlicht und einfach an Nervenkitzel. Das soll aber nicht heißen, dass Hiekkapeltos Geschichte langweilig ist, denn der Krimiplot ist absolut solide konstruiert und bietet glaubwürdige und auch interessante Ermittlungsarbeit – verglichen mit der starken schwedischen und norwegischen Konkurrenz ist der Fall insgesamt aber noch ein wenig zu ruhig und zu zahm. Der Grundstein für eine erfolgreiche Reihe ist aber eindeutig gelegt und „Kolibri“ ein insgesamt beachtenswerter Debütroman, der wirklich durchgängig gut unterhält. Dass die Auflösung des Kriminalfalls ein bisschen oberflächlich erfolgt und auch die beiden Nebenhandlungen um die drohende Zwangsheirat einer jungen Immigrantin und die anonymen Drohungen eines Stalkers ein wenig überflüssig erscheinen und sich nicht ganz homogen in den Rest der Geschichte einfügen, sei bei diesem Erstlingswerk absolut verziehen. Wer gerne nordische Krimis liest und bei all den Ausflügen nach Oslo, Stockholm, Ystad und Co. mal einen Tapetenwechsel braucht, für den lohnt sich dieser Ausflug nach Finnland allemal.

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