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Rezension zu
Das Leben in Nuancen

Intensive, ehrliche Trauer

Von: Buechermango
27.12.2022

Eve hängt ein bisschen fest. Nach dem Tod ihrer besten Freundin ist nichts mehr wie es war, obwohl auch vorher schon vieles nicht gut war. Sie hat den Halt verloren und tut alles dafür, noch weiter nach unten zu kommen. Sie verliert Jobs, die sie eh nicht machen möchte und dann fliegt sie auch noch aus ihrer Wohnung. Ihre Eltern sind ihr keine große Hilfe, ihre Mutter verließ sie, als sie noch ein Kind war, ihr Vater ist Alkoholiker. Ihre Coping Strategien hat sie übernommen. Sie geht passiv durch ihr Leben, vermeidet Entscheidungen solange, bis andere für sie entscheiden und findet einfach keinen Weg für sich. In ihrer Unzufriedenheit zieht sie sich immer weiter zurück. Sie belügt die Menschen, die ihr am nächsten stehen und stößt sie immer weiter weg, bis sie unter der Macht ihrer Trauer komplett zu verschwinden droht. Um die Kontrolle über ihr Leben zurück zu bekommen muss sie neues Vertrauen fassen und sich ihrer Vergangenheit stellen. “Ein Gefühl der Schwere, aber auch das einer schrecklichen Leere. Bei Grace war es dasselbe. Mit einem Mal war ich nur noch halb ausgeformt, unvollständig, ausgehöhlt. Eine Hälfte geteilter Erinnerungen, nur noch Fragmente und gespaltene Knochen.” Das Leben in Nuancen spielt etwa fünf Jahre nach dem Tod von Grace. Eve befindet sich in einer Abwärtsspirale und wir erleben hautnah mit, wie sie sich immer mehr in ihren selbstzerstörerischen Taten verliert. Ich muss hier mal wieder eine Warnung aussprechen. Ich fand das Buch wahnsinnig intensiv und schmerzhaft. Die Themen sind unter anderem Trauma, Vergewaltigung, Suizid und Drogenmissbrauch. Mitten im Text gibt es kursive Einschübe, Erinnerungen an die Zeit mit Grace, die Eve neu durchlebt. Hier wird besonders deutlich, wie traumatisiert Eve ist und gleichzeitig, wie eng ihre Freundschaft war. Chloë  Ashby zieht die Lesenden mit bildlichen Beschreibungen in den Bann. Die ungeschönte Darstellung von Eves Gefühlen kam bei mir komplett an und lies mich nicht mehr los. Obwohl das Buch nicht mit krasser Spannung punktet, konnte ich es nach etwa der Hälfte einfach nicht mehr weglegen. Eve ist als Protagonistin nicht leicht, sie scheint keine Privatsphäre zu kennen, sobald es um andere geht, sie selbst bleibt verschlossen. In ihr brodelt eine bunte Mischung aus Gefühlen, die immer wieder über zu kochen droht. Auch Max, ein Mann, der sie wirklich gut behandelt und einfach ein Schatz ist, bekommt das zu spüren. “Ich beame mich raus, worin ich langsam zum Profi zu werden scheine; ich bin wie die eine Person in einer Silent Disco, die den falschen Kopfhörer hat und sich zu einem anderen Beat bewegt.” 
Max ist irgendwie ein schwieriger Charakter für mich gewesen. Seine Persönlichkeit bleibt sehr blass und er selbst sehr ruhig, gleichzeitig ist er immer da, wenn Eve mal Hilfe annehmen kann Er scheint nur zu existieren, um ihr immer wieder die Hand zu reichen und das hat mich ziemlich schnell angeödet. Ich bin froh, dass hier keine überzogene Liebesgeschichte im Vordergrund steht, aber seine Rolle finde ich einfach schwierig. Auch das Ende ist mir wirklich zu überzogen und irgendwie.. nah. Was soll dieser Trend, ein großartiges Buch zu schreiben, um dann am Ende den leichtesten Weg zu wählen, der einfach nicht zum Rest passt? Ich mochte Das Leben in Nuancen ziemlich gern, mit einem anderen Ende hätte es Highlight Potential gehabt. Aber es hätte auch viel schlimmer kommen können.. Für mich ist das Buch trotzdem empfehlenswert. Es gibt sehr tiefe Einblicke in den Trauerprozess eines Menschen mit selbstzerstörerischen Tendenzen und ist einfach großartig geschrieben.

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