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Rezension zu
Der Rabbi und der Kommissar: Du sollst nicht morden

Ein Rabbi als Amateurermittler

Von: EvaKrafczyk
02.11.2022

Zugegeben, das erste Treffen von Rabbi Henry Silberbaum und Kommissar Robert Berking stand nicht unter dem besten Stern und wies so gar nicht auf den Beginn einer wunderbaren Freundschaft hin: Schließlich glaubte der Kommissar, zu nächtlicher Stunde endlich auf die Spur derjenigen gestoßen zu sein, die immer wieder den jüdischen Friedhof in Frankfurt mit Nazi-Schmierereien entweihen. Neim Anblick einer attraktiven Frau und ihres Begleiters vermutet er zwar erstmal ein morbides Rendez-vous, doch auch hier liegt der Ermittler daneben, während schon die Handschellen klicken: Der Mann, der sich gegen all die Unterstellungen wehrt, ist tatsächlich Rabbiner der liberalen Gemeinde. Was Silberbaum mit der Leiterin des jüdischen Altersheim anstellt, ist allerdings weder koscher noch halachisch, zeugt aber davon, dass er vor allem "a mensz" ist, verständnisvoll und buchstäblich unorthodox. Denn zu später Stunde sollte es zu einer Familienwiedervereinigung kommen, indem über dem Grab der jüdischen Mutter der Frau die Asche aus der Urne des christilichen Vaters ausgestreut wird. Nachdem das Missverständnis aufgeklärt ist, treffen der Rabbi und der Kommissar in Michel Bergmanns "Du sollst nicht morden" noch öfter aufeinander. Denn Henry Silberbaum liebt nicht nur Krimis, er ist auch überzeugt, dass ein Mitglied seiner Gemeinde Opfer eines Mordes geworden ist. Zwar war die schwerreiche Frau herzkrank, doch wieso lag die Banane, die die Tote normalerweise mit ihrer Abendmedizin zu sich nahm, auf dem fleischigen Teller und nicht auf dem milchigen, wie es sich in einem koscheren Haushalt gehört? Die Polizisten, nicht vertraut mit den jüdischen religiösen Vorschriften, hatten nichts Ungewöhnliches vorgefunden, der Rabbi dagegen ist misstrauisch geworden, zumal es Auseinandersetzungen um das Erbe gibt. Das Testament fällt zudem ganz anders aus, als Frau Achselrath es Silberbaum vor ihrem Tod geschildert hat. An Verdächtigen besteht kein Mangel, doch dem Rabbiner steht allerhand Mühe bevor, den brummigen Kommissar zu überzeugen, dass hier Aufklärungsbedarf besteht. Und auch die Religionsvorschriften muss er mit talmudischer Weisheit und einer ordentlichen Portion Chuzpe zurechtbiegen, damit trotz eines scheinbar natürlichen Todes eine Obduktion vorgenommen werden kann. Auf Plot und Spannung kommt es gar nicht so sehr an in der Geschichte des Rabbis und des Kommissars, in der Hörbuchversion gelesen von Dietmar Bär, dem die Kommissarrolle dank des "Köln-Tatortes" bestens vertraut ist, der hier aber auch frankfurterisch "babbelt" und auf Jiddisch disputiert. Nicht nur die jüdischen Witze, die Silberbaum gerne erzählt, sorgen hier für Humor, sondern auch das gegensätzliche Ermittlergespann, dass sich hier noch zusammenfinden muss. Und dann sind da noch die Nebenfiguren, die Charme, Witz und buntes Leben in einer jüdischen Gemeinde bringen zwischen Schoah-Überlebenden und russischen Neumitgliedern, zwischen einem immer noch gepackten Koffer und der Option Israel und dem Beschluss, eben doch in Frankfurt zu Hause sein. Manches gerät vielleicht ein bißchen klischeehaft wie die Auseinandersetzungen mit dem gestrengen Gemeindevorstand, dem die Alleingänge des Rabbiners ein Dorn im Auge sind, Silberbaums Mutter, die alle Klischees der überbehütenden jiddischen Mamme in sich vereint und ihn wohl auch dann noch Bubele nennen wird, wenn er völlig ergraut ist und auch der Handy-Klingelton "Der Jidl mit der Fiedl" ist denn doch ein bißchen sehr stereotyp. Trotzdem gibt es en pasant Informationen über Mikwe, Speisevorschriften, Regeln zu Tod und Begräbnis, die vielen Lesern beziehungsweise Hörern unbekannt sein dürften. Bär kann hier komödiantisches Talent ausleben und hat beim Einsprechen des Hörbuchs vermutlich ähnlich viel Spaß gehabt wie ich beim Hören. Ein liebenswerter Ermittlerduo in einem Setting voller Streit- und Diskussionslust, witzige Dialoge und liebenswerte Figuren - da ist es dann völlig egal, dass sich die Lösung des Falls relativ früh abzeichnet. Mittlerweile gibt es einen zweiten Fall für Silberbaum und Berking - und ich bin schon sehr gespannt darauf, mehr über die beiden zu lesen.

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