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Rezension zu
Zur See

Leben auf einer Insel - früher und heute

Von: lesen_sie_wohl
30.10.2022

Die meisten Menschen bereisen eine (Nordsee-)Insel um genau das zu erleben, was Dörte Hansen in ihrem neuen Roman beschreibt. Sie suchen eine Auszeit vom Alltag. Weg vom Stress. Eine Insel ist optimal. Für die Ausgebrannten, die Asthmatiker, die Erschöpften, die Gestressten. Manchmal nur für zwei oder drei Nächte in einem modernen Strandresort mit Wellness und gutem Wein. Getrennt vom Festland, als betrete man eine andere Welt. Und in dieser anderen Welt lebt die Familie Sander. Im schönsten Haus der Insel, dem Kapitänshaus. Mit Knochenzaun im Vorgarten, Delfter Fliesen in der Küche und Immobilienhaien vor der Tür, die das Haus lieber heute als morgen kaufen würden. Das Leben ihrer Vorfahren war geprägt von der See. Die Männer monatelang auf den Meeren dieser Welt unterwegs. Die Frauen wartend auf ihre Rückkehr, hüten das Heim und die Kinder. Doch die Zeiten haben sich verändert. Hanne Sanders Mann Jens fährt längst nicht mehr zur See. Vielmehr hat er der Familie den Rücken zugewandt und lebt als Vogelwart auf Driftland. Und auch der ältere Sohn Ryckmer fährt nur noch als Deckmann auf der Fähre zwischen der Insel und dem Festland, fährt die Touristen täglich hin und her. Henrik, das jüngste Kind der Sanders, sammelt, was die See zu Tage befördert um daraus Treibholzwerke zu bauen. Und dann gibt es noch Eske, die Tochter der Sanders. Sie interessiert sich für Sprachen, die längst niemand mehr spricht und pflegt die Menschen, die die Insel nie mehr verlassen werden... Dörte Hansen ist hier - aus meiner Sicht - ein großartiger Roman gelungen. Direkt ab Seite 1 bin ich eingetaucht in die Geschichten um die Menschen dieser fiktiven Nordseeinsel. Dabei schreibt Hansen in einer so bildhaften (und sehr poetischen) Sprache, dass ich die mir bekannten Inseln Borkum, Amrum und Sylt immer wieder vor Augen hatte. Selten habe ich ein Buch in einer derart langsamen Geschwindigkeit gelesen. Ich wollte mich nicht trennen von dieser Insel und den Figuren, die ich - trotz ihrer Eigenarten - direkt ins Herz geschlossen habe. Aber die Geschichte macht auch sehr nachdenklich. Was passiert in Zukunft mit den Nordseeinseln und vor allem mit den Menschen, die dort geboren und aufgewachsen sind? Die Traditionen nur noch in Verbindung mit dem Tourismus leben, für deren Kinder Wohnraum unerschwinglich wird und die der Natur und deren Unberechenbarkeit den Vortritt lassen müssen... Lange wird mir diese Geschichte in Erinnerung bleiben, den Inselurlaub im nächsten Jahr werde ich mit ganz anderen Augen sehen. Zu Recht hat es Dörte Hansen mit diesem Roman direkt auf die Bestsellerlisten geschafft.

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