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Rezension zu
Schweige still

Evie - eine "Wahrheits-Zauberin"

Von: Dr. Tobias Kallfell
29.10.2022

Der Psychothriller „Schweige still“ von Michael Robotham zeichnet sich in meinen Augen durch eine zentrale Stärke aus: Die Konzeption der Figur Evie Cormac, die in der Lage ist ihre Mitmenschen zu durchschauen und Lügen zu erkennen. Sie ist eine sogenannte „Wahrheits-Zauberin“. Und was ich besonders spannend finde. Diese Idee basiert auf einem realen Forschungsprojekt aus dem Jahr 2006 (vgl. engl. truth wizard). Der Thriller macht auf mich einen psychologisch fundierten Eindruck und die Zeichnung von Evie ist absolut gelungen. Ich habe nun schon einige Thriller gelesen, aber ein solch interessanter Charakter ist mir selten bei der Lektüre begegnet. Evie, auch genannt „Angel Face“, hat ein besonderes Talent, doch aufgrund ihres durchlittenen Traumas (vgl. Klappentext) agiert sie launenhaft und nicht immer vorhersehbar. Mit ihrer besonderen Begabung verstört sie ihr Umfeld. Sie provoziert, testet Grenzen und sie ist durch ihre Erfahrungen mit Therapie psychologisch geschult. Sie ist ein unbequemer Geist und fühlt sich in der staatlichen Obhut wie in einem Gefängnis. Neben Evie agiert mit Cyrus Haven, einem Psychologen, eine zweite facettenreich angelegte Figur in diesem Thriller. Besonders die Interaktion zwischen Cyrus und Evie ist gelungen, es entwickelt sich anfangs eine Art Psychoduell zwischen beiden, später dann wird Cyrus zu Evies Retter und zu einer wichtigen Bezugsperson für sie. Durch ihn kann befreit sich Evie aus der Amtsfürsorge und kann ein selbstbestimmtes Leben führen. Er nimmt sie als Pflegekind bei sich auf. Und auch das gemeinsame Zusammenleben und Zueinanderfinden wird gut erzählerisch entwickelt. Cyrus und Evie sind unheimlich anziehende Figuren, die viel Reiz auf mich als Leser ausübten. Vor allem Evies Wunsch nach Selbstbestimmung ist so nachvollziehbar für mich! Gleichzeitig macht sie sich durch ihre emotionalen Ausbrüche selbst das Leben unnötig schwer. Sie trägt eine ungeheure Wut auf die Welt mit sich herum. Als besonderes Highlight habe ich es immer empfunden, wenn Evies Weltwahrnehmung intensiver geschildert wird. Richtig Spaß gemacht hat mir das Buch an der Stelle, als sie in einem Casino pokert und die Bluffs ihrer Gegner ohne Probleme durchschauen kann. Auch die erzählerische Gestaltung hat mir sehr gut gefallen. Durch die Ich-Perspektive sind wir sehr nah an den Figuren dran, wir tauchen tief ein in ihre Gedankenwelt, die auf mich durchdacht und plausibel wirkte. Absolut lobenswert! Und in der zweiten Hälfte des Buchs zieht die Spannung noch einmal spürbar an. Das einzige, was ich an diesem Thriller kritisieren kann, ist der Umstand, dass ich mir gewünscht hätte, dass Jodie aufgrund ihres Talents noch mehr in die Ermittlungen von Cyrus einbezogen wird. Ich vermute, dass das in den Nachfolgebänden stärker der Fall sein wird. Ich werde diese Reihe auf jeden Fall weiter verfolgen. Fazit: Ein Psychothriller, der seine Gattungsbezeichnung wirklich verdient. Die Figuren sind reizvoll konzipiert und fundiert psychologisch unterfüttert. Insbesondere Evie ist ein interessanter Charakter, der auch eine spannende Entwicklung durchläuft. Ich vergebe knappe 5 Sterne, weil die Spannung noch etwas höher hätte ausfallen können.

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