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Rezension zu
Städte aus Papier

Wortwelten

Von: Thomas Lawall
09.09.2022

"Wer war Emily Dickinson wirklich?" fragt der Klappentext und könnte interessierten Leserinnen und Lesern suggerieren, dass es in diesem Büchlein womöglich Antworten geben könnte. Das ist nicht der Fall und wäre auch gar nicht möglich, da aus dem Leben der "Einsiedlerin aus Amherst" wenig überliefert ist. Leider. Eine Art Biografie zu erwarten wäre also vergeblich, weil unmöglich. Es ist ein Jammer und wird es auch bleiben. Die kanadische Schriftstellerin Dominique Fortier musste andere Wege gehen, um ihr Anliegen umzusetzen. In einer poetischen Bildersprache versucht sie, Dickinsons Leben nachzuzeichnen. Und das gelingt ihr auf wunderbare Weise: "Und es stimmt, sie scheint ständig am Rand von etwas zu balancieren, ... auf der Grenze zwischen dem Gedicht und dem Unsagbaren ..." (S. 150-151). Dennoch fragt man sich ein ums andere Mal, ob Emily Dickinson wirklich so oder so gedacht, gefühlt und gesprochen hat. Wenig kann wahr sein und viel zu viel ist Dichtung. Das Gesamtbild ist zwar stimmig, ein Rätsel wird die amerikanische Dichterin (1830-1886) aber trotzdem und für immer bleiben. Ein Rätsel sind aber leider auch jene Passagen im Buch, in welchen Dominique Fortier über ihr eigenes Privatleben, wie zum Beispiel Umzüge, berichtet. In welchem Zusammenhang diese Kapitel mit dem Hauptthema stehen, bleibt völlig offen. Der Sinn dieser Passagen könnte allein nur sein, den relativ geringen Umfang des Buches zu strecken. Emily Dickinson wird ein diffuses literarisches Bild bleiben, aber ihre Zeilen, die zum größten Teil nie zu Lebzeiten veröffentlicht wurden, sprechen für sich selbst und werden die Zeit überdauern. Wenn "Städte aus Papier" jedoch neugierig macht, sich mit einer Dichterin auseinanderzusetzen, die man womöglich noch gar nicht kennt, dann hat dieses einfühlsame Buch durchaus seine Daseinsberechtigung. Als sprichwörtliches Sprungbrett sozusagen, denn ohne ein bedingungsloses Eintauchen in Dickinsons Wortwelten geht es nicht. Die Verse, die man dann finden wird, kann man nicht einfach "weglesen". Dominique Fortiers Erzählungen und ihre Spurensuche bereiten darauf behutsam vor!

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