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Rezension zu
Bei Regen in einem Teich schwimmen

Klassiker der russischen Erzählkunst neu entdecken

Von: Sebastian
09.08.2022

George Saunders ist ein US-amerikanischer Schriftsteller und Dozent für kreatives Schreiben an der Syracuse University in New York. Mit "Bei Regen in einem Teich schwimmen" (aus dem Amerikanischen von Frank Heibert) präsentiert er uns sieben Erzählungen der russischen Großmeister Tschechow, Turgenjew, Tolstoi und Gogol. Dabei handelt es sich um "Auf dem Wagen", "Herzchen", "Die Stachelbeeren" (Anton Tschechow), "Die Sänger" (Iwan Turgenjew), "Herr und Knecht", "Aljoscha der Topf" (Leo Tolstoi) und "Die Nase" (Nikolai Gogol). Diese sind in voller Länge abgedruckt und werden in jeweils anschließenden Essays vom Autor akribisch durchexerziert. Dabei zeigt sich seine ganze handwerkliche Expertise. Mit einer guten Portion Humor erläutert Saunders, warum uns die genannten Koryphäen der Erzählkunst derart in ihren Bann ziehen. Durch seine direkte Ansprache fühlt man sich immer wieder, als säße man gemeinsam mit seinen Studierenden im Vorlesungssaal. Dabei bedarf es für die Lektüre aber keinesfalls literaturwissenschaftlichen Fachwissens. George Saunders ist in seinem Schreibstil präzise und nachvollziehbar, auch für fachfremde Leser:innen. Mitunter Satz für Satz, Seite für Seite verdeutlicht er mit den vorliegenden Texten, was diese zu guten Geschichten macht, warum sie uns dazu anhalten weiterzulesen und wir wissen wollen, wohin sie uns führen und wie sie enden. Welche Aspekte wecken unsere Neugier über den weiteren Verlauf der Kutschfahrt der Lehrerin Marja Wassiljewna ("Auf dem Wagen")? Wie steht es um unsere Sympathien für den eifrigen Aljoscha ("Aljoscha der Topf")? Und was hat es eigentlich mit der Nase des Kollegienassessors Kowaljow auf sich ("Die Nase")? Saunders liefert uns seine Antworten auf diese Fragen, erhebt dabei aber keinen Anspruch auf exklusive Deutungshoheit und regt ganz im Gegenteil die Leser:innen dazu an, sich darüber selbst Gedanken zu machen und eigene Antworten zu finden. Hierfür bietet er sogleich interessante Tipps und Strategien an. Seine Erklärungen darüber, wie man gute Geschichten erzählt, wie Fiktion funktioniert und was uns diese teilweise fast 200 Jahre alten Erzählungen noch heute über das Leben beibringen können, sind lehrreich und dennoch bemerkenswert unterhaltsam. Nach der Lektüre von Saunders Essays fallen beim erneuten Lesen von Tschechow und Co. zahlreiche Aspekte auf, die beim ersten Durchlauf schonmal untergehen können. Außerdem führt uns der Autor durch die vielschichtigen und facettenreichen moralischen Konflikte, insbesondere im Falle von Tolstois Herr und Knecht. George Saunders gibt seinen Leser:innen Techniken und Übungen mit auf den Weg, die beim Verfassen eigener Geschichten eine große Hilfe sind. Für die nicht am Schreiben Interessierten bietet "Bei Regen in einem Teich schwimmen" nichtsdestotrotz großartige Einblicke in die Funktionsweisen der Literatur. Dieses Buch ist gewiss nichts für Leser:innen, die auf der Suche nach der kurzen Zerstreuung für zwischendurch sind. Literaturwissenschaftler:innen, Hobby- wie auch professionelle Schreibende oder einfach Liebhaber:innen der großen russischen Literaten kommen hier jedoch voll auf ihre Kosten. Für diese Zielgruppen steht an dieser Stelle eine uneingeschränkte Leseempfehlung. Deshalb auch 5 von 5 Sternen, denn das, was der Autor mit diesem Buch vermitteln will, gelingt ihm beeindruckend gut.

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