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Rezension zu
Palast der Miserablen

„Shams – eine Sonne aus dem dunkelsten Loch der Hauptstadt“

Von: Dr. Tobias Kallfell
12.07.2022

Der Roman „Palast der Miserablen“ ist der letzte Roman von Abbas Khider, der mir noch fehlt, um mir einen Gesamtüberblick über das Werk dieses Autors zu verschaffen. Alle anderen Romane aus der Feder von Khider habe ich gelesen (vgl. frühere Rezensionen). Und auch dieses Buch fügt sich wie ein Puzzlestück ein in ein größeres Gesamtbild. Dieses Mal wird ein detaillierter und realistisch anmutender Blick auf die Lebensumstände im Irak um die Jahrtausendwende herum geworfen. Wir begleiten das Schicksal des Jungen Shams Hussein, aus dessen Perspektive in Ich-Form berichtet wird. Und in keinem der anderen Bücher von Khider wird ein solch intensiver und facettenreicher Blick auf den Irak gerichtet wie in diesem. Das Thema der „Flucht“ bleibt dieses Mal interessanterweise weitestgehend ausgespart. Wir tauchen ein in ein Land, das von Krieg erschüttert und heimgesucht wird. Wir begleiten eine vierköpfige Familie aus ärmlichen Verhältnissen, die sich aus dem Süden des Landes auf den Weg Richtung Bagdad macht, um dort ihr Glück zu versuchen und eine neue Heimat zu finden. Immer wieder eingeschoben werden kurze Kapitel einer anderen Zeitebene, in denen sich der Ich-Erzähler in Haft befindet und mit den grausamen Bedingungen dort kämpft. Beide Handlungsstränge laufen auf eine Katastrophe zu und kulminieren in einem bedrückenden, offenen Ende. Die Zustände im Land werden sehr anschaulich dargestellt. Die Armut im Land ist förmlich greifbar. Das Leid der Familie, die mit den Wirren des Krieges zu ringen hat, wird schonungslos aufgezeigt. Das ist schon sehr emotional und belastend. Wir erleben ganz einfache Leute, die mit dem Umständen umzugehen versuchen und das Beste daraus zu machen. Und zwischen den Zeilen schwingt punktuell auch feiner Humor und feine Ironie mit, trotz der geschilderten Widrigkeiten. Und was auch andere Werke des Autors auszeichnet: Es wird nichts beschönigt, es wird kein Blatt vor den Mund genommen. Das konfliktreiche Familienleben wird dabei ebenso beschrieben wie der tägliche Überlebenskampf in der sog. Blechstadt, einem Armenviertel in der Nähe eines Müllbergs. Und auch das alltägliche Dorfleben wird in all seiner Schrulligkeit, aber auch Grausamkeit dargestellt. Die Darlegung wirkt dabei sehr authentisch und realistisch. Punktuell gibt es auch einmal schwer auszuhaltende Passagen, in denen Gewalt eskaliert. Insbesondere die schwierige Rolle der Frau in der patriarchalisch geprägten Gesellschaft wird dabei immer wieder mal thematisiert. In diesem Zusammenhang fand ich die Gestaltung der Beziehung des Ich-Erzählers zu seiner Schwester sehr interessant. Fazit: Ein Werk von Khider, in dem einmal die Lebensbedingungen im Irak um die Jahrtausendwende herum thematisiert werden. Anders als in den anderen Büchern des Autors geht es dieses Mal nicht um das große Thema „Flucht“, sondern es wird am Beispiel einer einfachen vierköpfigen Familie ein schonungsloser Blick auf den grausamen und harten Alltag geworfen. Die Schilderung des täglichen Überlebenskampfs in der Diktatur unter Saddam Hussein geht unter die Haut. Betroffen verfolgt man das Schicksal der Hauptfigur Shams Hussein. Ich vergebe 5 Sterne und spreche eine Leseempfehlung aus.

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