Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
„Deutschland, deine Kolonien“

Interessanter Blick in eine unrühmliche Vergangenheit

Von: meinding.blog
11.07.2022

Ich lese nur selten Sachbücher, weil es mit dem Abschalten bei Romanen einfach besser klappt. Dieses Buch aus dem Spiegel-Universum hat mich aber sehr interessiert. Mein Wissen über den deutschen Kolonialismus ist offen gestanden sehr dürftig und stammt vermutlich aus irgendwelchen alten Spielfilmen. In der Schule hat dieses Thema überhaupt nicht stattgefunden und auch in meinem Germanistik- und Politologiestudium hat es keine Rolle gespielt. Vor Augen habe ich weißgekleidete Männer, die sich von den Einheimischen auf einer Art Sänfte durch die Gegend tragen lassen und Frauen, die Tee trinken und sich über die Hitze beschweren. Über politische Hintergründe weiß ich erschreckenderweise so gut wie gar nichts. Höchste Zeit also sich mit dem Kolonialismus näher zu beschäftigen. Interessanter Blick in eine nicht rühmliche Vergangenheit Die etwa 250 Seiten haben mir einen guten Einstieg ins Thema ermöglicht. Das Buch ist weder reißerisch, noch auf Schlagzeilen aus, trotzdem hat mich vieles sehr erschreckt. Und ich habe gemerkt, dass ich doch schon einiges gehört hatte, dies für mich aber nicht unter die Überschrift Kolonialismus gepackt hätte. Und es ging viel früher los als ich erwartet habe. Schon im 16. Jahrhundert machten sich die ersten Deutschen auf, um Kolonien zu gründen. Teils aus religiösen Gründen, meistens steckten aber Kaufleute dahinter, die sich eine hervorragende Einnahmequelle erhofften. Erst deutlich später kamen politische Motive hinzu. In kurzen abgeschlossenen Kapiteln werden in diesem Buch ganz unterschiedliche Aspekte beleuchtet. Medizinische Versuche an den damals sogenannten primitiven Völkern, Kriege und massive Menschenrechtsverletzungen, Gewalt, persönliche Schicksale. Menschen, die z.B. in die afrikanischen Kolonien zogen, hofften auf Ansehen, sehr gutes Einkommen und ein Leben im Luxus. Zuhause pilgerten die Deutschen zu Tausenden in Ausstellungen, um sich in einer Art Menschenzoo das Leben in den Kolonien, wie sie meinten, im Original anzusehen. Dass viele der so gewaltsam nach Deutschland gebrachten „Eingeborenen“ starben, nahm man billigend in Kauf. Schon früh gab es in den Kolonien erste Konzentrationslager, in denen die selbst ernannte Herrenrasse die Ureinwohner einpferchte, quälte und oft auch tötete. Der Massenmord an den Herero im heutigen Namibia ist dabei ein besonders unrühmliches Kapitel der deutschen Vergangenheit. Sehr gut gemachtes, abwechslungsreiches Buch Deutschland, deine Kolonien ist ein hervorragendes Buch. Daran mitgearbeitet haben viele Journalisten und auch Historiker, die ihr Handwerk verstehen. Das Buch ist sehr abwechslungsreich gestaltet: reportageartige Artikel wechseln sich mit Interviews, kurzen Infoblöcken und Originaldokumenten ab. Dadurch wird es beim Lesen nie langweilig. An einigen Stellen hätte ich mir weitere Informationen gewünscht und wäre gerne mehr in die Tiefe gegangen. Lobenswerterweise gibt es am Ende einen guten Überblick über empfehlenswerte Bücher, Comics und Filme mit denen man sich weiter beschäftigen kann. Für einen umfassenden ersten Überblick ist dieses Buch perfekt. Für mich war es kein Sachbuch, dass ich am Stück lese, sondern eins zum immer mal wieder in die Hand nehmen.

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.