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Rezension zu
Amundsens letzte Reise

Im Eis

Von: Myriade
20.06.2022

Ich interessiere mich sehr für den „großen Norden“ wie die Franzosen sagen, habe vieles darüber gelesen und gesehen. An „Amundsens letzte Reise“ von Monica Kristensen konnte ich daher nicht vorbeigehen. Einmal ganz abgesehen davon, dass bei den derzeitigen Temperaturen das Lesen über Schnee und Eis gerade richtig kommt. Die Autorin dieses Buchs aus dem btb-Verlag, Monica Kristensen, ist eine norwegische Glaziologin, Meteorologin und Schriftstellerin. Sie war die erste Frau, die eine Antarktisexpedition geleitet hat. Als Polarforscherin wurde sie 1989 mit der Founder’s Medal der Royal Geographical Society ausgezeichnet. Offenbar eine sehr vielseitige Frau, denn sie hat auch eine Krimireihe geschrieben, die in Svalbard spielt, einem Archipel zwischen dem Atlantischen und dem Arktischen Ozean. Das Buch bewegt sich rund um das Jahr 1928. Die Vorgeschichte dazu: „Die Zeiten der heroischen Expeditionen mit Fellkleidung, Hundegespannen und langen Jahren der Entbehrungen, Erfrierungen und Leiden waren vorüber. Roald Amundsen ergriff die Möglichkeiten, die sich ihm boten. 1925 führte er zusammen mit einer Mannschaft von fünf Teilnehmern, darunter auch Leif Dietrichson, einen Flug mit zwei Dornier Wal-Flugzeugen von Ny-Alesund auf Spitzbergen in den Norden durch. Das Ziel war der Nordpol: Sie landeten jedoch auf 88 Grad nördlicher Breite. Ein neuer Rekord, aber eben nicht der Pol selbst. 1926 erreichte Amundsen endlich sein persönliches Ziel. Auch dieses Mal war er der Erste. Das italienische Luftschiff „Norge“, gelenkt von dem Konstrukteur selbst, Umberto Nobile, erreichte am 12.Mai 1926 um 02.20 Uhr den Nordpol“ S.15 Nach dieser erfolgreichen Expedition trennten sich Amundsen und Nobile aber nicht im Frieden. Aus meiner Sicht war es ein Problem des Zusammenstosses von zwei überzeugten Alphamännern. Das schreibt allerdings nicht die Autorin, die eine große Bewunderin von Amundsen ist. Am 23.Mai 1928 startete Nobile mit dem Luftschiff „Italia“ eine eigene Expedition zum Nordpol bei der auch die Inselgruppe östlich von Franz-Josef-Land kartografiert werden sollte. Damals hieß sie „Nikolaus-II-Land“, heute nennt man sie „Sewernaja Semlja“. Die „Italia“ kam am Nordpol an, umkreiste ihn zwei Stunden lang und setzte dort ein riesiges Kreuz und eine italienische Fahne ab. Beim Weiterflug wurden die Wetterbedingungen aber immer schwieriger, die letzte Funknachricht kam am Freitag, dem 25. Mai und schließlich stürzte das Luftschiff ab. Dabei sprangen einige der Expeditionsteilnehmer über dem Eis ab, einige wurden bei dem Absturz getötet und einige wurden mit dem Ballon des Flugzeugs mitgerissen. Es wird nun die Suche nach den eventuellen Überlebenden dieses Absturzes insbesondere General Umberto Nobile selbst geschildert. Die Autorin hat bis in kleine Details recherchiert. Die zahlreichen Schiffe und Flugzeuge aus verschiedenen Ländern, Italien, Norwegen, Frankreich, Schweden, Finnland, Russland werden sowohl in ihren technischen Details als auch was die Besatzung betrifft, genau beschrieben. Für meine Begriffe etwas zu genau, denn die technische Beschreibung verschiedener Flugzeugtypen und die Aufzählung der Karriereschritte der Teilnehmer an diversen Expeditionen hat mich nicht so interessiert. Das kann man aber natürlich dem Buch nicht vorwerfen. Sehr spannend dagegen fand ich, wie die vielen beteiligten Nationen mehr oder weniger diplomatisch miteinander umgingen und wie wichtig die Nationalität der Polarforscher genommen wurde. Es war alles nicht ganz einfach, weil die Besatzung nicht unbedingt aus demselben Land kam in dem die Flugzeuge und Schiffe gebaut worden waren und auch die Rechte der Verwaltung mancher Gebiete nicht restlos geklärt war. Amundsen wollte sich aus Motivationen, die wir wohl nicht mehr erfahren werden unbedingt an der Suche nach Nobile beteiligen und nachdem ihn weder die norwegische noch die italienische Regierung mit der Organisation einer Expedition betraute, rüstete er auf eigene Faust eine private Rettungsexpedition aus und weihte auch niemanden in seine genauen Pläne ein. Dies wurde ihm zum Verhängnis, denn auch sein Luftschiff stürzte ab und er selbst und die Teilnehmer seiner Expedition konnten im Gegensatz zu Nobiles Expedition nicht mehr gefunden werden. „Amundsens letzte Reise“ ist auch nicht als reines Sachbuch konzipiert. Die Autorin hat auch Passagen mit Beschreibungen des Überlebens der Nobile-Expedition, wobei sie darauf verweist, dass auch diese Schilderungen alle auf Fakten beruhen. Ziemlich schaurig ist die Beschreibung des Auffindens von zwei von drei Männern, die sich von Nobiles Zeltlager entfernt hatten und versuchten zu Fuß Land zu erreichen (Nobiles Zeltlager befand sich auf einer driftenden und immer weiter schmelzenden Eisscholle) Einer der ursprünglich drei Männer war unterwegs verstorben, von den beiden übrig gebliebenen war einer fast verhungert und fast nackt, während der andere gut genährt und mit beinahe allen vorhandenen Kleidungsstücken aufgefunden wurde. Mich hat die Schilderung eines russischen Eisbrechers besonders beeindruckt, die gewaltigen Mengen an Kohle, die so ein Schiff verbrauchte und die enorme Umweltverschmutzung, die dadurch entstand aber auch die Kraft dieser Schiffe, die beim Einsatz der vollen Kraft der Maschinen das Eis buchstäblich brechen konnten. Letztlich – nach vielen Flügen und Schifffahrten war es so ein Eisbrecher, der die Überlebenden von Nobiles Zeltlager an Bord nahm, ebenso wie die beiden verbliebenen italienischen Offiziere, die sich zu Fuß aufgemacht hatten. Jene Männer der Nobile-Expedition, die mit dem Ballon weggerissen worden waren, konnten nicht gefunden werden, ebenso wenig wie Amundsen und die französische Besatzung seines ebenfalls französischen Luftschiffs. Ein letztes Detail oder Indiz in dieser gewaltigen Suchaktion hebt die Autorin für das Ende des Buchs auf. Es lässt aufhorchen, Theorien wurden erstellt, aber trotz etlicher Indizien konnten keine Gewissheiten gefunden werden. Nach Überblättern von für mich nicht so interessanten technischen Details und biografischen Anmerkungen zu sehr vielen Teilnehmern verschiedener (Such)Expeditionen fand ich das Buch spannend, informativ und sehr geeignet während einer Hitzewelle gelesen zu werden

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