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Rezension zu
Die Sammlerin der verlorenen Wörter

Die Kraft der Wörter, Liebe und Verlust Anfang des 20. Jahrhunderts

Von: Buch_zeit
16.06.2022

Pip Williams beleuchtet in „Die Sammlerin der verlorenen Wörter“, am 11. April 2022 in deutscher Übersetzung von Christiane Burkhardt im Diana Verlag erschienen, die Entstehung des berühmten Oxford English Dictionary aus der Perspektive der Frauen, die versteckt hinter den Kulissen zu seiner Entstehung beitrugen. Vielen lieben Dank @bloggerportal und @heyne.verlag für das wunderschöne Rezensionsexemplar! Das Cover ist ein Traum und unglaublich stimmig zur Geschichte passend! Oxford, Ende des 19. Jahrhunderts: Esmes Welt ist geprägt von Wörtern und der exakten Definition ihrer Bedeutung. Sie verbringt den Großteil ihrer Kindheit unter dem Sortiertisch im Skriptorium, an dem ihr Vater und die anderen Lexikographen am ersten Oxford English Dictionary arbeiten. Sie sammeln Wörter, definieren deren historische und aktuelle Bedeutungen und erstellen ein umfassendes Kompendium der englischen Sprache. Doch schnell merkt sie, dass nicht alle Wörter Einzug ins Lexikon halten. Die durchweg männlichen Gelehrten verwerfen immer wieder achtlos Wörter als zu obszön, zu trivial, zu umgangssprachlich. Esme liest die Belegzettel dieser verworfenen Begriffe auf und beginnt zudem selbstständig Wörter zu sammeln, die von den einfachen Leuten fernab der Universität verwendet werden, darunter viele Begriffe, die die Welt der Frauen betreffen. Ihr Lexikon der verlorenen Wörter und der Frauenwörter wird mit den Jahren immer umfangreicher. Wir begleiten Esme beim Heranwachsen, bekommen Einblicke in die jahrzehntelange mühevolle Arbeit am Oxford English Dictionary und werden mit den Konflikten und Verwerfungen Anfang des 20. Jahrhunderts konfrontiert. Pip Williams hat in ihrem gut recherchierten Roman über die Entstehung des berühmtesten Lexikons der Welt eine bewusst weibliche Perspektive gewählt. Das Oxford English Dictionary ist primär ein Unterfangen viktorianischer Gentlemen gewesen, doch bei ihrer Spurensuche in den Archiven ist die Autorin auf die Frauen gestoßen, die größtenteils ungewürdigt hinter den Kulissen an diesem jahrzehntelang andauernden Großprojekt mitwirkten. Dieser Roman ist eine Hommage an all die Frauen, die Anfang des 20. Jahrhunderts mutig für ihre Unabhängigkeit und ihre Stimme kämpften. Wir begleiten Esme auf ihrem Lebensweg, wie sie sich ins Leben stürzt, Freundschaften und Liebe findet, aber auch Schicksalsschläge und bittere Enttäuschungen erlebt, wie sie beginnt für die Rechte der Frauen zu kämpfen. Esme erlaubt einen Blick in die Welt des Bildungsbürgertums, aber der Leser bekommt auch immer wieder Einblicke in die Lebensrealität von Frauen anderer Gesellschaftsschichten, sei es die gutherzige, unermüdlich schuftende Hausangestellte Lizzie, die mir besonders ans Herz gewachsen ist, oder die unkonventionelle Schauspielerin und Frauenrechtlerin Tilda oder die Marktfrauen. Deutlich wird an all diesen ganz unterschiedlichen Frauenschicksalen, welchen starren Grenzen und gesellschaftlichen Konventionen Frauen damals unterworfen waren. Besonders eindrücklich wird die Suffragettenbewegung aufgezeigt und der Kampf der Frauen, gehört zu werden. So zeigt Pip Williams stimmungsvoll und feinfühlig die Rolle der Frauen in der damaligen Gesellschaft auf und wie das weibliche und männliche Verständnis für Wörter differieren. Der Roman umspannt primär die Zeit von 1886 bis in die düsteren Jahre des Ersten Weltkriegs hinein mit den beiden in den Jahren 1928 und 1989 spielenden Kapiteln am Ende des Romans. Dabei wird ein Kaleidoskop der gesellschaftlichen Verwerfungen und der gravierenden historischen Ereignisse der Zeit aufgespannt, neben der Suffragettenbewegung werden besonders die Grauen des Ersten Weltkriegs deutlich, aber auch die gesellschaftlichen Ungleichheiten und Klassenkämpfe zwischen Arm und Reich. Die fiktiven Protagonisten bewegen sich dabei in historischen Situationen und begegnen dort real existierenden Personen. Dieser nachdenklich machende und charmante historische Roman hat mich kurzweilig unterhalten und mich in eine spannende Geschichte über die Kraft der Wörter, Liebe und Verlust in eine geschichtsträchtige Zeit eintauchen lassen! Ich hätte gerne noch mehr über Esmes Leben nach 1915 erfahren und mir gewünscht, dass die Protagonistin zuweilen weniger naiv wäre. Aber insgesamt ein schöner Unterhaltungsroman!

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