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Rezension zu
Der Biss

2 Familien - 2 soziale Milieus - Nicht perfekt aber trotzdem ein Highlight!

Von: miss_lia48
05.06.2022

„Da war ein Mann, der quer über den Spielplatz rannte. Ein großer, dünner Mann. Er trug einen hellen Leinenanzug und ein Hemd. Er sah aus wie ein englischer Lord, der durch seinen Park rannte, um ein durchgegangenes Pferd einzufangen. Doch er verfolgte kein Pferd, er verfolgte Nelu.“ INHALT: Im Wohnkomplex „Gleisgärten“ wohnen Leute, die etwas mehr in der Tasche haben und großen Wert auf ein nachhaltiges, klimafreundliches und emissionsfreies Leben in Verbindung mit moderner Architektur legen. So auch David, Sybil und ihr 2-jähriger Sohn Jonas. Sie ernähren sich vegan und kaufen ihre Lebensmittel regional und in Bio-Qualität. David schmeißt den Haushalt, übernimmt die Care-Arbeit, schreibt an seinem Blog und kümmert sich um die Bienen auf ihrer Dachterrasse. Sybil macht Karriere und versucht, gleichzeitig auf den Klimawandel aufmerksam zu machen. Mit den Wutanfällen von ihrem Sohn kommt sie immer weniger gut zurecht und verbringt kaum noch Zeit mit ihm. Als Jonas auf dem Spielplatz im nahegelegenen Park von einem Kind in seinem Alter gebissen wird, welches sich Jonas‘ Schaufel und Förmchen schnappt und das Weite sucht, rennt David hinterher und muss sich plötzlich mit dem Vater des Jungen anlegen. Petre kann es nicht fassen, dass ein erwachsener Mann seinen Sohn Nelu verfolgt. Er weiß nicht, was der Fremde von ihm möchte, da er kein Deutsch versteht. Er weiß nur, dass er seinen Sohn verteidigen muss! Sie kommen aus Rumänien und hatten gehofft, in Deutschland Arbeit finden und Fuß fassen zu können. Doch hier werden sie nur misstrauisch beäugt. Aurica, gelernte Krankenschwester, würde gerne Medizin studieren - ihre abgeschlossene Ausbildung wird in Deutschland nicht anerkannt, obwohl so viele Pflegekräfte fehlen. Petre hatte gehofft, als Koch angestellt zu werden. Doch ohne festen Wohnsitz bekommen sie keine Beschäftigung und ohne Arbeit können sie sich keine Unterkunft leisten und erhalten keine Sozialleistungen. Wie soll es nur weitergehen? MEINUNG: Manche Bücher klingen nach dem Lesen noch lange in einem nach. Auch „Der Biss“ gehört für mich definitiv zu dieser Gruppe und ich bin erstaunt, dass ich bisher so wenig von dem Buch gesehen und gehört habe! Nein, das Buch ist nicht perfekt und ein paar Kleinigkeiten habe ich durchaus an ihm auszusetzen. Aber es hat bei mir einen Nerv getroffen - Thematik und Handlung konnten mich überzeugen und werden mir noch lange im Gedächtnis bleiben. Als besonders gelungen habe ich die Gegenüberstellung der beiden Familien und deren sozialen Milieus empfunden: Die einen haben genug Geld, um rundum klimafreundlich zu leben, die anderen haben teilweise nicht mal ein Dach über dem Kopf und müssen hart ums Überleben kämpfen. Der Autor prangert dabei an, dass sich vor allem Leute um Natur, das Klima und die globale Gerechtigkeit kümmern können, die privilegiert und finanziell gut aufgestellt sind. Dass wir aufpassen müssen, dass keine Parallelgesellschaft entsteht, bzw. dass diese noch verschärft wird. Und, dass Leute, die weniger haben, oft andere Prioritäten setzen müssen. Ja, Klima kostet. Und Leute, die weniger haben, haben es in dieser Hinsicht deutlich schwerer, weil sie schauen müssen, wie sie überhaupt über die Runden kommen. Jeder sollte daher so gut er kann seinen Beitrag leisten, auch im Kleinen. Es geht schließlich um die Zukunft unserer Kinder auf diesem Planeten und das hat auch etwas mit Verantwortung zu tun… Durch die verschiedenen Perspektiven lernt man unterschiedlichen Sichtweisen kennen, was ich bei der Thematik klasse fand. Ich konnte mich in die Figuren gut hineinversetzen, die jeweils nur das Beste für ihr Kinder wollen und alles für sie tun würden! Die Darstellung der Kinder und deren erste Worte fand ich sehr authentisch. Ebenfalls die Wutanfälle z. B. beim Einkaufen. Eine der wenigen Sachen, die die Eltern der beiden Familien gemeinsam haben – ich konnte sehr mit ihnen mitfühlen. So konnte mich das Buch auch emotional erreichen und ich fand es sehr bewegend. Besonders wütend gemacht hat mich, wie Aurica und Petre immer wieder ausgenutzt und teilweise diskriminiert wurden! Was mich gestört hat, ist, dass vor allem etwa Mitte des Buches, die Figuren ständig irgendwelche Hintergedanken hatten. Szenen wie, was David mit seinem Ding in der Hose anstellt, oder, dass eine Insel vom Blick aus dem Flugzeug, einem Geschlechtsorgan ähnelt, waren meiner Meinung nach unnötig. Irgendwann habe ich nur noch genervt mit den Augen gerollt. Zudem empfinde ich die Beschreibung im Klappentext von „entlarvendem Humor“ sehr unpassend, da ich keine einzige humorvolle Stelle finden konnte (was ich aber nicht schlimm fand). Im Gegenteil, es gibt viele Szenen, die traurig und sehr dramatisch sind! Wahrscheinlich sind die manchmal etwas überspitzt dargestellten Veganer lustig gemeint. Witzig fand ich (als Vegetarierin) ihre Lebensweise aber nicht, wenn dann ein kleeeines bisschen übertrieben. Trotz kleiner Kritikpunkte überwiegen die positiven Eindrücke sehr. FAZIT: Ein gesellschaftskritischer Roman, der eindrücklich zwei unterschiedliche Familien & soziale Milieus gegenüberstellt und in Bezug zu klimafreundlichem Leben setzt. Trotz kleiner Kritikpunkte konnte mich die Lektüre von sich überzeugen und begeistern. Ein Buch, welches man nicht so schnell vergisst und welches hoffentlich noch mehr Leser*innen erreicht! 4,5/5 Sterne und eine klare Leseempfehlung, für alle, die es gerne ein wenig dramatisch mögen! (TW: Sexuelle Belästigung, Abtreibung, Suizidversuch)

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