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Rezension zu
Aufruhr der Meerestiere

Aufruhr der Meerestiere

Von: Letteratura
03.05.2022

Luise ist Meeresbiologin. Ihr Spezialgebiet ist die Meerwalnuss, eine Quallenart, die das Helmholtzentrum für Ozeanforschung Kiel laut Wikipedia aufgrund der umfangreichen Auswirkungen auf aquatische Ökosysteme zu den berüchtigsten invasiven Lebewesen zählt. Da sie nicht nur mit einheimischen Fischarten um Nahrung konkurriert, sondern auch deren Eier und Larven frisst, kann sie einen verheerenden Einfluss auf Ökosysteme haben. Man versucht, dem gegenzusteuern, indem man andere Arten als Fressfeind der Meerwalnuss einsetzt, so dass der ökologische Kollaps verhindert werden kann. Es ist also ein spezielles Feld, auf dem Luise arbeitet, und sie tut das mit all ihrer Kraft und Zeit. Sie ist alleinstehend und generell eher eine Einzelgängerin. Als sie für ein Projekt nach Graz eingeladen wird, bedeutet das außerdem eine Reise in ihre Heimatstadt, denn Luise ist dort aufgewachsen. Sie bezieht die Wohnung ihres Vaters, der allerdings nicht vor Ort ist, denn er ist plötzlich erkrankt und bei Luises Bruder, der sich um ihn kümmert. Doch sowohl Luises Beziehung zum Vater als auch die zum Bruder ist abgekühlt und geprägt von einer Sprachlosigkeit, aus der Luise nicht herausfindet. „Aufruhr der Meerestiere“ ist ein nicht ganz leicht fassbarer Roman, der zwischen klaren und uneindeutigen Passagen pendelt. Oftmals sind es Erinnerungen und Gedanken Luises, die wir lesen, alles vermischt sich und nicht immer ist klar, was sich konkret zugetragen hat. Dabei geht es einerseits um das Verhältnis Mensch und Tier, um unser Eingreifen in die Natur, denn zur Ausbreitung der Meerwalnuss hat der Mensch entscheidend beigetragen und steht nun vor der Aufgabe, zu verhindern, dass sie großen Schaden anrichtet. Andererseits sind es die Beziehungen Luises, vor allem zu ihrem Vater, aber auch generell zu ihrer Familie, zu anderen Menschen. Und, mindestens genauso wichtig, ist Luises Verhältnis zu sich selbst, zu ihrem Körper. Lange litt sie unter einer Essstörung, und auch jetzt im Erwachsenenalter ist für sie alles, was mit Nahrungsaufnahme zu tun, nach wie vor problematisch. Ich mochte die Protagonistin aus Marie Gamillschegs Roman, und auch, wenn ich mich manchmal ein wenig verloren habe in Luises Geschichte, so habe ich sie doch sehr gern gelesen. „Aufruhr der Meerestiere“ ist vermutlich kein Buch für Leser:innen, die es gern konkret und eindeutig mögen, einiges bleibt in der Schwebe. Es gelingt der Autorin, ihre (großen) Themen miteinander zu verknüpfen, aufmerksam zu machen, und die Passagen zu Luises Beruf und Forschung sind außerdem sehr lehrreich (von der Meerwalnuss hatte ich noch nie gehört). Demgegenüber steht das Leben Luises als Karrierefrau, als Single, als diejenige, die in ihrer Familie aneckt und Unverständnis erweckt, und die sich doch wünscht, die in vielen Jahren hochgezogenen Mauern endlich niederzureißen. Ein vielschichtiger, empfehlenswerter Roman.

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