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Rezension zu
Terra di Sicilia. Die Rückkehr des Patriarchen

Lebendig, humorvoll, farbenfroh …

Von: Sharon Baker
27.04.2022

Barnaba Carbonaro kehrt mit über 80 Jahren in sein geliebtes München zurück und besucht die Familie seines Sohnes. Im Gepäck hat er nichts und doch scheint er einen Plan zu haben. Für seinen Sohn und dessen Familie steht das berühmte Familienfoto an, aber keiner glaubt den älteren Herrn, dass das der einzige Besuchsgrund ist. Und richtig, Barnaba hat noch etwas Großes vor, denn noch nicht alles, was er sich im Leben vorgenommen hat, ist erledigt. Und so erzählt er seiner Enkelin Maria von seinem Leben, von seiner bettelarmen Kindheit, seinen Träumen, seiner Sehnsucht und von Zitrusfrüchten. Wie er sich als Analphabet zum großen Händler auf dem Münchner Großmarkt hochgearbeitet hat. Vom Zufall, vom Glück, aber auch vom Niedergang und den bodenlosen Fall. Ein bewegtes Leben und doch merkt er erst jetzt, was er als Patriarch alles geschafft hat. Also warum ist Barnaba wirklich im München? Wird der große Ossobuki noch mal einen großen Wurf landen? Und welche Geheimnisse wird er offenbaren? Mario Giordano hat mir damals mit seiner Poldi Reihe, die ich viel zu spät entdeckt hatte, aber die mich im ersten Lockdown begleitet, unheimlich gut gefallen. Welch ein Witz, welch ein Spaß und einfach beste Unterhaltung. Dort hatte er schon immer den großen italienischen Familienroman angedeutet und nun hat er es wirklich geschafft und ein richtiger Schinken ist es geworden. Ob er mir damit die Lesezeit versüßen konnte, erzähle ich euch nun. Barnaba ist der Sohn eines ehemaligen Priesters, der die Finger nicht von der Schneidertochter Pancrazia lassen konnte. Gemeinsam ziehen sie nach Taormina und dort im kleinen Dorf, im Nirgendwo in Sizilien beginnt die große Heldensage von Barnaba. Dieser kleine Junge hat Großes vor, er will in Reichtum ersticken, er will ganz nach oben und er hat das Zeug dazu. Bettelarm geht er lieber auf die Zitrusplantagen als in die Schule und sein unglaublicher Rechensinn ebnet ihm so manchen Weg. Natürlich läuft nicht alles glatt in seinem Leben, aber es ist vollgestopft mit jeder Menge Leben, Liebe, Wut, Zorn, Streit, Macht und dem Schicksal. So wird mancher Plan missglücken, sich andere Wege auftun und doch so einige Lebenswege sich erneut kreuzen. Barnaba hat viel vor im Leben und versucht sich im Sizilien einen Namen zu machen, und als ihm das gelingt und er sich endlich als Geschäftsmann beweist und München kennenlernt, schmeckt er auch den Geschmack der Freiheit. So pendelt sein Leben zwischen Familie und Sehnsucht hin und her und hat viele Überraschungen für ihn parat. Barnaba muss kluge Entscheidungen treffen und das ist nicht immer so einfach. Mario Giordano hat hier den Anfang eines Familienepos geschaffen, der mit Gegensätzen der Zeit spielt und einen Protagonisten geschaffen, der diese Zeiten verdammt gut durchschifft, ein Lebenskünstler und Rechengenie. So lernen wir das ärmliche Sizilien kennen, die Machtverhältnisse zwischen Mafia und Bevölkerung, aber auch den Glauben an Wunderheilung und welche Macht eine sizilianische Mutter hat. Überhaupt, was es bedeutet, ein Patriarchat zu sein und welche Aufgaben dieser hat. Erstaunlich gut ist der Unterschied beschreiben, wie Barnaba seine Familie führt und sein Sohn Nino eine liebende Familie hat. Auch das Frauenbild kommt hier nicht zu kurz, obwohl sie immer hinter dem Mann steht und sich der Entscheidung des Mannes fügen muss, wird seine Enkelin Maria Geschäftsfrau und überrascht ihren Großvater mit guten Ideen. Dazu noch der Tanz durch die Geschichte mit zwei Kriegen und jede Menge Geister, die unseren Hauptprotagonisten begleiten. Somit gibt es einiges zu erzählen und das der Autor daran Freude hatte, merkt man sehr. Dieses Buch ist mit viel Humor, Charme und Augenzwinkern geschrieben, dabei wird viel unterhaltsames erzählt und auch so einige Spannung aufgebaut. Man muss Barnaba einfach mögen, diesen kleinen Mann, der sich geschickt durch die Jahrzehnte bewegt und sich trotz seiner mangelnden Ausbildung bewährt. Ein richtiges Schlitzohr, vor dem man sich in acht nehmen muss, dem man aber auch Vertrauen kann. Ein richtiger Abenteuerroman über Zitrusfrüchte und dem Aufbau eines kleinen sizilianischen Familienclans. Der Autor erzählt hier geschickt, lebendig und farbenfroh. Er lässt seinen Leser förmlich in die Seiten eintauchen und dabei den Geruch von Mandarinen riechen und die Süße schmecken. Allerdings hat der Roman für mich auch kleine Längen, an manchen Stellen war es doch recht ausschweifend und manche Szenen, die einen sehr interessiert hätten, lässt er weg und erwähnt sie in einem Beisatz. So ist der Anfang opulent, überschwänglich und extrem ausgeschmückt und die letzten Jahre in Zeitraffer vom 50 Seiten abgehandelt, fand ich ein bisschen Schade. Man erfährt zwar alles, aber es hat nicht die gleiche Leichtfüßigkeit. Nun muss ich leider Barnaba verlassen und bin aber auch hocherfreut, das im nächsten Teil die Damen an die Reihe kommen. Machen wir uns nichts vor, die haben bestimmt noch mehr auf dem Kerbholz als der Held zu Beginn dieser Familiensaga. Terra di Sicilia ist der Auftakt zu einer Familiensage, lebendig, humorvoll, farbenfroh und geruchsintensiv erzählt. Ein Sommerroman für die perfekte Urlaubsstimmung und eine Reise durch die Zeit.

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