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Rezension zu
Wir sind Wölfe

Auf der Flucht

Von: Jana Jordan
13.04.2022

Ostpreußen im Dezember 1944: Auf der Flucht vor der heranrückenden Roten Armee werden die 11jährige Liesl und ihre kleineren Geschwister vom Rest der Familie getrennt. Otto ist gerade 7 Jahre alt, Mia noch nicht einmal 2. Liesl muss Verantwortung übernehmen, dabei ist sie selbst noch ein Kind. Die Geschwister finden Unterschlupf in verlassenen Wohnhäusern, in Ställen, finden an manchen Orten Nahrung und wenigstens ein bisschen Sicherheit. Begegnungen mir russischen Soldaten und anderen auf sich allein gestellten Kindern bleiben nicht aus. Sie lernen zu betteln und zu stehlen. Sie haben nur ein Ziel – gemeinsam überleben. Das hatte Liesl ihrer Mutter versprochen. Katrina Nannestad erzählt von der Flucht der Menschen aus Ostpreußen. Ich erlebe die Ereignisse aus der Sicht von Liesl. Sie hatte eine sorgenfreie Kindheit in einer liebevollen Familie, ist mit der kriegsverherrlichenden Propaganda des Hitlerregimes aufgewachsen und glaubt an den ruhmreichen Sieg der deutschen Wehrmacht. Doch die glückliche Kindheit endet von einem Tag auf den anderen. Mitten im Winter und zwischen den Fronten auf sich allein gestellt, muss sich das Mädchen um ihre Geschwister kümmern. Gemeinsam mit ihrem jüngeren Bruder Otto meistert sie immer wieder die große Herausforderung, genügend Nahrung zu finden und für Baby Mia zu sorgen. Der Autorin gelingt die kindliche Perspektive, geprägt von Emotionen und Vertrauen in die Erwachsenen. Sie zeigt, wie der Glaube zu bröckeln beginnt, als Liesl erkennen muss, dass auch die Eltern geheuchelt haben. Sie lernt, die Gründe zu verstehen. Gewissheiten über gut und böse werden untergraben durch die Hilfe und Freundschaft, die den Kindern von russischen Soldaten entgegengebracht wird und zudem durch deren Erzählungen über die Gräueltaten der Wehrmacht. Katrina Nannestad beschreibt, wie schnell Werte aufweichen und Regeln hinfällig werden, sobald Menschen sich in Ausnahmesituationen befinden. Liesl ist erschüttert, als die Mutter auf der Flucht eine trockene Decke aus einem liegengebliebenen Wagen nimmt, also stiehlt. Später stiehlt sie selbst, um nicht verhungern zu müssen. Sie erkennt, dass es manchmal nötig ist, wild zu sein wie Wölfe. Die in Australien lebende Autorin hat es verstanden, die Schrecken von Krieg und Flucht in kinder- bzw. jugendgemäße Bilder zu kleiden. Sie beschönigt dabei nicht und erzählt realistisch über die Bedingungen, mit denen die Kinder klarkommen mussten, beispielsweise über die Angriffe russischer Truppen auf die Flüchtenden bei der Überquerung des Frischen Haffs oder die verlassenen, zerstörten oder geplünderten Dörfer. Die kindlich naive Sicht von Liesl ermöglicht jungen Lesern einen Zugang zu dieser Zeit, und auch Erwachsene können in eine gleichermaßen spannende und berührend geschriebene Geschichte eintauchen. Für mich ein sehr lesenswertes Buch.

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