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Rezension zu
Nationale Interessen

Werte- oder Zweckgemeinschaft? - Verteidigung und Zukunft der EU

Von: Florian
13.04.2022

Mitte Januar erschien Klaus von Dohnanyis Buch „Nationale Interessen. Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche“ im Siedler Verlag. Wenige Wochen später begann die Invasion russischer Truppen in die Ukraine. Seitdem kann man nahezu von einer 180-Grad-Drehung in Politik und Gesellschaft sprechen. Was vor Kurzem undenkbar schien ist plötzlich Gegenstand sämtlicher Talkshows: Wiedereinsetzen der Wehrpflicht, Milliarden für die Bundeswehr – Wie ist die Ära Merkel in außenpolitischer Hinsicht zu bewerten? Für wie viele Menschen sind die Luftschutzbunker im Bundesgebiet ausgelegt? Dohnanyi spricht Klartext: Deutschland und Europa haben sich zu lange auf die USA als Partner und Beschützer verlassen und sich so in vollständige Abhängigkeit manövriert – im Falle eines Angriffs könnte Deutschland, könnte Europa sich nicht selbst verteidigen. Da für die USA stets die eigenen – nationalen Interessen im Vordergrund stünden dürfe man sich im Krisenfall nicht vollständig auf amerikanische Unterstützung verlassen. Vieles, was er anspricht, ist gut informierten Bürgern nicht neu. So empfand ich längere Passagen zur Geschichte der EU oft eher als nervige Lückenfüller denn hilfreiche Information. Nach Brüssel gewandt fordert er den moralischen Zeigefinder gegenüber EU-Mitgliedsstaaten zu senken und die Vorstellung einer Wertegemeinschaft ad acta zu legen, insbesondere im Hinblick auf Polen und Ungarn. Aus realpolitischer Sicht nachvollziehbar: Europa muss zum eigenen Schutz seine Kräfte bündeln und dazu die ein oder andere Wunschvorstellung (aus westeuropäischer Sicht) aufgeben. Andererseits: Was bleibt von der europäischen Idee wenn selbst Rechtstaatlichkeit (z.B. die fragwürdige Ernennung polnischer RichterInnen), Menschenrechte („LGBT-freie Zonen“) oder Meinungsfreiheit so leicht verhandelbar sind? Hier sehe ich einen großen Unterschied und Streitpunkt zwischen der älteren Generation Dohnanyis und „Uns“ Jüngeren. Doch eben das ist das Ziel des Buches: Anregung und Provokation als Anstoß zur überfälligen Diskussion dieser für Europa essentiellen Fragen. Fazit: Ziel erreicht!

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