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Rezension zu
Unter dem Schnee

Brisante Familiengeheimnisse

Von: Edith N.
22.03.2022

Schloss Schwanenholz, Schleswig-Holstein, Ende Dezember 1978 – Es ist schon ein wenig makaber: 50 Jahre lang hat Gräfin Luise von Schwan (78) die Baumschule auf ihrem Gut an der Ostsee geleitet. Jetzt ist sie verstorben. Trauergäste aus nah und fern sitzen in der Kirche, doch aus dem Begräbnis wird nichts: Ein Schneesturm zieht auf, der geschmückte Weihnachtsbaum der Gemeinde fällt auf den Sarg und auf den Pfarrer. Ende der Zeremonie. Die Beerdigung wird erst einmal vertagt. Seufzend überschlägt Köchin Isa Wollin, ob sie es schafft, die Gäste, die auf dem Gut einquartiert werden, länger als geplant zu verköstigen. Klementine von Rüstow, Luises jüngere und etwas labile Schwester ist unter den Gästen sowie ihr Sohn Carl und dessen hochschwangere Ehefrau Anette. Klementines jüngerer Sohn Johann wohnt mit Tochter Carolin (15) ohnehin dort. Nicht als Übernachtungsgast eingeplant waren die Journalistin Sibylle Meister und Niklas, Carolins Freund. Die können aber bei diesem Wetter unmöglich nach Hause fahren. Als alle schon beim Essen sitzen, bringt Pastor Siebeling noch einen Überraschungsgast vorbei: Aimee Caroux (30+), eine Fotografin aus Arles/Südfrankreich. Die ist froh, nun doch nicht zu spät zu Luises Beerdigung zu kommen. Über ihre Verbindung zur Gräfin äußert sie sich zunächst kryptisch. Sie weiß erstaunlich viel über die Familie von Schwan und lässt irgendwann dann doch die Bombe platzen: Sie sei die Tochter von Luise und Dr. Antoine Caroux, der im Krieg als Zwangsarbeiter auf dem Gut gearbeitet hat. Die Reaktionen auf diese Eröffnung sind unterschiedlich. Luises Schwester bestreitet alles. Carl und Johann, Luises Nachfolger auf dem Gut, sind sprachlos. Was bedeutet das für sie? Müssen sie ihr Erbe nun mit der französischen Cousine teilen? Oder haben Aimees Ansprüche, wenn sie wirklich Luises leibliche Tochter ist, vielleicht sogar Vorrang? Über den Umgang mit den jäh enthüllten Familiengeheimnissen entspinnt sich eine handfeste Auseinandersetzung, der sich keiner der Trauergäste entziehen kann. Der Schneesturm tobt, das Gut ist meterhoch eingeschneit und wird es auch die nächsten fünf Tage noch sein. Die Telefonleitungen sind tot, der Strom ist ausgefallen. Ohne Ausweichmöglichkeit hocken die gegnerischen Parteien nun aufeinander und müssen irgendwie mit der Situation klarkommen. Die alten Geschichten und die eisigen Temperaturen legen bei Klementine und Carl lange verdrängte Erinnerungen an die Flucht aus Pommern und weitere Familiendramen frei. Es ist natürlich hart, wenn in einer so klaustrophobischen Situation auf einmal sämtliche Lebenslügen und Geheimnisse einer ganzen Sippe auf den Tisch kommen. Mehr als einmal steht die Frage im Raum, ob die Wahrheit in jedem Fall besser sei als eine gnädige Lüge. Nur eine Person weiß genau, was während des Krieges auf Gut Schwanenholz geschehen ist: die herrlich pragmatische Köchin Isa, die als Tochter einer Bediensteten dort aufgewachsen ist. Doch sie hat damals versprochen zu schweigen und daran hält sie sich eisern ... Jedes der kurzen Kapitel wird aus der Sicht eines anderen Angehörigen/Mitarbeiters der verstorbenen Gräfin erzählt. (Der hilfreiche Stammbaum der Familie von Schwan versteckt sich auf Seite 393!) Nach und nach erfahren wir, was sich vor Jahrzehnten alles ereignet hat und wie sich das bis in die Gegenwart auswirkt. Die Situation der Eingeschneiten und ihre hilflosen Rettungsversuche sind ein weiteres Spannungselement. Gut, manches in der Geschichte hätte man vielleicht ein wenig straffen können, aber ich fand’s packend.

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