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Rezension zu
BÄR

Mach und Begehren

Von: Lesehummel
20.03.2022

"Oh Bär [...], wir sind ein lustiges Pärchen." (S. 93) "Bär" erzählt die Geschichte einer Frau, die das Haus eines verstorbenen Colonels im Norden Kanadas bezieht. Im Auftrag ihres Instituts untersucht Lou dessen Nachlass, katalogisiert sie die dortige, außergewöhnlich gut bestückte Bibliothek und soll dabei herausfinden, ob sich Aufschlüsse zur Siedlungsgeschichte der Region finden lassen. Da das Haus abgeschieden auf einer einsamen Insel liegt, handelt es sich bei dem einzigen Lebewesen, dem sie sich sowohl körperlich als auch psychisch annähern kann, ein im Schuppen hinterm Haus lebender Bär. Und zwar ein angeketteter, sehr handzahmer Bär. Im Laufe des Sommers entwickelt sich so auch eine sexuelle Beziehung zwischen Lou und dem eigentlich wilden, aber faszinierenden Geschöpf, und wird zu einem Machtspiel zwischen Mensch und Tier. Lou, selbst von einem Mann verlassen und als Schreibtischaffäre ihres Institutsdirektors, projiziert ihre eigenen Gefühle auf den Bären, geht mit ihm schwimmen und macht sich ihn körperlich zu eigen. Das Buch, bereits 1976 erschienen und jetzt neu aufgelegt, behandelt das ziemlich unbequeme Thema der Zoophilie und macht auch den Leser zum Voyeur teils detailgetreuer Schilderungen. Ein außergewöhnliches Leseerlebnis, das über persönliche Grenzen geht und harter Tobak ist. Am Ende befindet sich ein sehr gutes Nachwort der Autorin Kristine Bilkau, welches sich dem Text aus literaturwissenschaftlicher Sicht mit Referenzen zu u.a. Virginia Woolf und Marlen Haushofer nähert, feministische Denkanstöße gibt und auch Überschneidungen zur Popkultur anspricht. Hier kann man auch sicher selbst noch viel interessante Forschung am Text betreiben. Das Nachwort hat nochmal guten Input gegeben und wirklich viele interessante Interpretationsansätze geliefert, welche die eigentliche Story gut ergänzt und perfekt abgerundet haben. Und ja, auch wenn ich mich in der Story nicht wirklich wohl gefühlt habe, überwiegten Neugier und Interesse am Weiterlesen wie in einem Fiebertraum ohne Entrinnen. Somit ist "Bär" für mich ein kleines Frühjahreshighlight über Begehren, Macht und Freiheit, das ich bestimmt noch mehrmals Lesen werde und wirklich jedem empfehlen möchte!

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