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Rezension zu
Der Flug des Raben

Rückkehr nach White Dog

Von: LiteraturReich
08.02.2022

Richard Wagamese (1955-2017) ist einer der großartigen indigenen Autor:innen, die ich im Rahmen des Gastlandauftritts Kanadas zur Buchmesse und meiner Beschäftigung mit der kanadischen Literatur kennen und sehr schätzen gelernt habe. Nun ist auch der Debütroman von 1994 auf Deutsch erschienen, in dem Wagamese eine stark autobiografisch geprägte Geschichte erzählt. Es ist die Geschichte von Garnet Raven, der mit drei Jahren von den Sozialbehörden Kanadas gegen den Willen der Elternaus seiner Familie entfernt wurde. Ein solcher Vorgang war in den 1950er und 1960er Jahren keine Seltenheit. Die Kinder sollten “kanadisiert” werden, z.B. in den sogenannten Residential Schools (über die Wagamese in seinem sehr berührenden Roman Der gefrorene Himmel erzählte). Garnet Raven erlitt dasselbe Schicksal wie sein Autor – schnell wechselnde Pflegefamilien, unglückliche Kindheit, Entfremdung von den Wurzeln. Mit sechzehn haut Garnet ab, treibt sich in Toronto herum, jobbt und lernt über die Liebe zum Blues den Schwarzen Lonnie kennen. Dessen Familie nimmt Garnet rührend bei sich auf, durch Lonnie gerät er aber auch in den Drogenhandel, wird verhaftet und verbringt einige Jahre im Gefängnis. Dort erreicht ihn – er ist mittlerweile über zwanzig – ein Brief von seinem Bruder Stanley, der ihn ausfindig gemacht hat und ihn nach Haftentlassung zur Familie ins White Dog Reserve einlädt. Für Garnet wird es eine Reise zu den Wurzeln. Beim alten Keeper lernt er die Traditionen und Geschichten, denen er entfremdet werden sollte, wieder kennen. Meiner Meinung nach nicht ganz so stark wir Der gefrorene Himmel, ist Der Flug des Raben dennoch eine poetische, ergreifende Geschichte über eine schwierige Identitätsfindung, die sehr viel über das traditionelle Leben indigener Volksgruppen in Kanada erzählt. Die Bedeutung von Liedern, Tänzen, Gebeten, die starke Naturverbundenheit und ein bewundernswertes Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern wird vermittelt. Sehr stark an mündliche Erzähltraditionen orientiert, bedient sich Richard Wagamese auch eines ganz eigenen Humors.

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