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Rezension zu
Dunkelsprung

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Vielleicht doch ein Märchen

Von: Anne Schüßler
28.06.2015

Mein Lieblingssatz von Leonie Swann stammt aus dem Schafskrimi Glennkill und lautet „Es stellt sich überraschend heraus, dass Mopple nachtblind war.“ Überhaupt Glennkill: Ein Kollege brachte das Buch in der englischen Übersetzung zur Arbeit und musste sich von mir Klugscheißerin direkt belehren lassen, dass „Swann“ möglicherweise wie ein englischer Name klingen könnte und das Buch zugegebenermaßen in Irland spielen würde, das Original aber eben trotzdem auf Deutsch wäre. Tatsächlich habe ich erst später sowohl Glennkill als auch den Nachfolger Garou gelesen oder mir vielmehr von Andrea Sawatzki vorlesen lassen. Von den Schafen ist Leonie Swann mit ihrem neuen Roman Dunkelsprung jetzt von Irland nach England umgesiedelt und dabei quasi auf den Floh gekommen. Oder viel mehr auf den Flohzirkus. Der gehört nämlich Julius Birdwell, seines Zeichens Flohdompteur, Goldschmiedemeister und ganz generell Lebenskünstler. Bis er in einer eisigen Nacht den Flohzirkus vor der Tür vergisst, sich vor Trauer um seine dressierten Flöhe auf eine Brücke verirrt, aus Versehen ins eisige Wasser fällt und von einer Nixe gerettet wird, die ihm im Gegenzug das Versprechen entlockt, ihre Schwester zu finden und zu retten. So findet sich Julius Birdwell recht unfreiwillig auf einer Mission, die ihn zu Privatdetektiven, Psychologen, die aufs Vergessen spezialisiert sind, einer alten Frau mit einer Wohnung voller Milchschälchen und einem Professor und Magier mit Größenwahn führt, begleitet von der rätselhaften Elizabeth Thorn, die ihre ganz eigenen Pläne hat. Und Flöhe spielen auch noch eine Rolle, allen voran Lazarus Dunkelsprung, der Albinofloh. Die Geschichte, die Leonie Swann erzählt ist verzwickt, mit viel Personal ausgestattet, zudem hält sie sich nicht immer an eine Zeitlinie, so dass ich einige Zeit brauchte, um in diese Geschichte reinzukommen. Möglicherweise ging es aber auch nur mir so, das kann ich nicht beurteilen, denn eigentlich bedient sich Swann einer sehr klaren Sprache, ohne viel Umschweife, direkt und sauber. Das macht beim Lesen Spaß und man möchte glauben, dass Swann beim Ausdenken und Aufschreiben ebenso viel Spaß hatte. Leonie Swann hat ihrem neuen Buch den Untertitel „Vielleicht kein Märchen“ gegeben, eine Leseanleitung vergleichbar mit „Denken Sie jetzt nicht an einen rosa Elefanten!“ Dunkelsprung ist ein gleichzeitig wundersames und wunderbares modernes Märchen, nur dass hier nicht nur manche Figuren sagenhaft sind, sondern auch das, was die eigentlich ganz normalen Menschen tun. Dabei ist das Buch durchaus fordernd und liest sich eben nicht einfach so weg, viel mehr entfaltet es seinen Sog durch die schillernde Vielfältigkeit der Figuren, die sehr sorgsam entworfen wurden, unabhängig davon, ob wir es mit ganz normalen Menschen zu tun haben, mit Fabelwesen, Flöhen oder seltsamen Leguanen, die aber in Wirklichkeit vielleicht doch gar keine Leguane sind. Wer fantastische Geschichten einen Schritt neben unserer wirklichen Welt mag, wird an Dunkelsprung ziemlich sicher seine Freunde haben. Für alle anderen, die jetzt noch skeptisch sind, habe ich noch eines meiner Lieblingszitate von Walter Moers aus einem Interview im Jahr 2001 mit der Zeit: „Realität gibt’s ja schon, warum soll ich sie abbilden?“

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