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Rezension zu
Die fremde Spionin

Mauerbau mit Hindernissen

Von: der Michi
23.11.2021

Mit gewohnt detailliertem Blick erweckt Titus Müller auch diese Epoche zum Leben, sei es anhand des politischen Tagesgeschehens oder durch Details wie Musik, die gesellschaftliche Stimmung und Putzi-Zahncreme. Ria ist als Heldin recht eindeutig gezeichnet, auch wenn sich verschiedene Details ihrer Biografie erst nach und nach ergeben. Aufregende Widersprüche weist sie als Hauptfigur leider nicht allzu viele auf, doch mit ihrer immer tieferen Verstrickung in die geheimen Abgründe beider Systeme ergibt sich die Spannung schon fast von selbst, da braucht es so fast gar keine Verfolgungsjagden, noch blutige Morde oder gar reißerische Folterszenen. Ähnlich wie in mehreren anderen seiner Romane lässt der Autor auch hier ohne zu zögern bedeutende historische Figuren agieren, sei es John F. Kennedy, Erich Honecker oder Rias Chef Alexander Schalck(-Golodkowski). Ein gewagter Spagat an mancher Stelle, der die Akteure menschlicher zeichnet als es das Geschichtsgedächtnis des wiedervereinten Deutschlands vielleicht wünschen mag, der sie allerdings greifbarer macht und die Geschichte noch mehr in die Nähe der historischen Ereignisse rückt. Was bei Thomas Mann und Carl von Ossietzky in Müllers letztem Roman "Die goldenen Jahre des Franz Tausend" schon hervorragend geklappt hat, funktioniert, wenigstens zum Teil auch bei den Protagonisten dieser Epoche. Noch immer beherrscht Titus Müller außerdem die Kunst, selbst bei einem derart komplexen historischen Stoff die Handlung so zu verdichten, dass Nebenhandlungen und Charakterzeichnung nicht vom Geschehen ablenken und die Seitenzahl unnötig aufblähen, sondern die erzählte Geschichte tatsächlich glaubwürdig unterfüttern. Fazit: Es müssen nicht immer die Tausend-Seiten-Schwarten eines Ken Follett sein, man kann sich auch kurz fassen und damit trotzdem kein schlechteres Buch abliefern.

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