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Rezension zu
Unser Weg nach morgen

Hamburg 1937: Tagsüber Hitlerjugend, nachts Swing-Girl? Klar, dass das nicht lange gutgehen kann…

Von: Susanne Edelmann
22.11.2021

Gut zwei Jahre ist es her, seit ich von Jana Voosen den großartigen historischen Roman „Für immer die Deine“ gelesen habe. Inzwischen hat sie den Jugendroman „Broken World“ veröffentlicht und nun ist endlich auch wieder ein neuer historischer Roman von ihr erschienen, den ich dann auch gleich gelesen habe. Soviel vorab: Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen: Im Jahr 2019 bekommt die Buchhändlerin Nele von einer Kundin ein altes Manuskript in die Hand gedrückt. Es handelt sich dabei um die Lebenserinnerungen von Lilo, der Mutter dieser Kundin. Lilos Erzählung beginnt im Jahr 1937: Sie ist zwölf Jahre alt, das einzige Mädchen unter vier Kindern einer Hamburger Kaufmannsfamilie. Ihre Eltern sind linientreue Nazis, die drei Söhne gehören der Hitlerjugend an und natürlich geht auch Lilo zu den Jungmädelstreffen. Heimlich schwärmt sie für Ludwig, den besten Freund ihres älteren Bruders. Doch es vergehen noch vier Jahre, bevor dieser sie endlich wahrnimmt. Zwischen den beiden entwickelt sich eine zarte Romanze und durch Ludwig lernt Lilo ein gänzlich anderes Leben kennen, das vom Takt der amerikanischen Swingmusik bestimmt wird. Tags ein braves, gehorsames Mädchen, geht sie fortan abends heimlich mit Ludwig in Swing-Clubs und tanzt die Nächte durch. Zitat: „Du kannst alles sein, was du willst, Lilo. Verstehst du denn nicht? Darum geht es uns. Dass wir frei sein wollen und individuell. Swing, das ist getanzte Freiheit! Egal, wie sehr sie uns in den Gleichschritt zwingen wollen.“ Doch es herrscht Krieg und als Lilo feststellt, dass sie schwanger ist, wird Ludwig als Soldat an die Ostfront geschickt. Lilos Eltern sind entsetzt und bevor Lilo sich wehren kann, landet sie in einem Lebensborn-Heim, um dort ihre uneheliche Tochter zur Welt zu bringen. Doch dann ist das Baby plötzlich verschwunden und im Kampf um ihre Tochter wächst Lilo über sich hinaus. Nele ist gefesselt von dieser Geschichte und obwohl ihr eigenes Leben ganz anders verläuft als das von Lilo, findet sie viele Parallelen. Wie Lilo hat auch sie lange Zeit nur die Wünsche anderer erfüllt, anstatt ihre eigenen Ziele zu verfolgen: Zitat: „Man hatte sie (Lilo) hierhin und dorthin geschubst, und sie hatte mitgespielt, um zu gefallen. Um nur ja nicht anzuecken.“ Das Manuskript bringt Nele dazu, ihre Situation, mit der sie unbewusst schon lange unzufrieden ist, zu ändern. Genau wie Lilo nimmt sie ihr Leben endlich selbst in die Hand. Natürlich ist es vor allem Lilos bewegende Geschichte, die einen beim Lesen von Anfang an fesselt, schließlich spielt diese in einer furchtbaren Zeit voller tragischer Schicksale. Aber auch Neles Geschichte konnte mich sofort in ihren Bann ziehen, denn sie wird so einfühlsam geschildert, dass man als Leser*in automatisch mit ihr mitleidet, bangt und hofft. Ohne zu viel verraten zu wollen: Vor allem das Ende von Neles Erzählstrang ist vollkommen untypisch, fühlt sich aber für mich genau richtig an – so sehr, dass ich sie am liebsten hätte umarmen mögen, ihr auf die Schulter klopfen und sagen: „Gut gemacht!“ Eine sehr bewegende Lektüre, die mich nicht nur ein Wochenende lang beim Lesen sehr beschäftigt hat, sondern auch noch lange darüber hinaus. Sehr lesenswert!

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