Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Kindern mehr zutrauen

Ein wunderbarer Erfahrungsbericht, der nachwirkt

Von: Strohpiraten,Nicole Walter
26.10.2021

Was für ein fröhliches Mädchen, das einen vom Cover dieses Buches anstrahlt. Man möchte direkt zurücklächeln und es weckte direkt den Wunsch mir, die Botschaft des Titels umzusetzen. Generell bin ich ein Mensch, der Kindern gerne etwas zutrauen und wenig bevormunden will. Es war früh wichtig, meine Tochter ihre eigenen Erfahrungen machen zu lassen und ihre Selbständigkeit zu fördern. Erziehungsratgeber habe ich wenige gelesen. Die wenigen die ich mir angeschafft habe, waren von der Montessori-Pädagogik inspiriert und der eine oder andere von Jesper Juul war auch dabei. Bei ihm schätze ich ebenfalls die respektvolle und wertschätzende Sicht auf das Kind. Trotz aller Bemühungen komme auch ich immer wieder mal an einen Punkt, an dem ich vieles hinterfrage und das Gefühl habe, alles läuft aus den Bahnen. Unzufriedenheit, Wutanfälle und Stress stehen plötzlich im Weg und man fragt sich, was gerade falsch läuft. Besonders schlimm finde ich es, wenn einem der Geduldsfaden platzt und man laut wird oder das Kind anschreit. Der Journalistin Michaeleen Doucleff ging es wohl nicht anders und sie stellte irgendwann fest, dass die Beziehung ihrer Tochter Schaden nimmt. Sie lebten nicht als Team, eher sah sie das Kind als kleine Feindin an, die ihr alle Kraft raubte. Sie bemerkt, dass sie sich unentwegt für die Bespaßung ihrer Tochter zuständig fühlt und fast schon gezwungen wird ständig neue Aktivitäten zu planen, damit ihr Kind friedlich und beschäftigt ist. Denn wäre dem nicht so, droht Chaos. Das alles kostet sie so viel Kraft und bringt mehr Zweifel in ihr auf. So machte sie sich eines Tages mit ihrer Tochter auf den Weg zu drei indigenen Kulturen, um zu den Ursprüngen der Kindererziehung zurückzufinden und Antworten auf ihre Fragen zu finden. Sie reist zu den Mayas, den Inuit und den Hazda. Die Autorin interviewt diese Familien nicht nur, sondern lebt mit ihnen zusammen und lernt von verschiedenen Generationen. Ich fand diese Vorstellung wahnsinnig interessant. Schon oft habe auch ich mir die Frage gestellt, wie diese Kinder und Familien leben. Immer wenn ich eine Reportage im Fernsehen über diese Kulturen sah, wunderte ich mich wie ausgeglichen und zufrieden die Kinder wirken, obwohl sie so wenig besitzen. Sind sie auch schon mal hyperaktiv, langweilen sie sich oder haben sie Wutanfälle, so wie viele Kinder in der westlichen Welt? Dieses Buch gibt Antworten darauf und es ist wirklich besonders. Ich würde es auch nicht als Erziehungsratgeber sehen, sondern eher als einen Erfahrungsbericht, aus dem man so viel für sich mitnehmen kann. Es gibt nicht nur einen neuen Blick auf unsere Erziehungskultur, es legt wahrlich den einen oder anderen innerlichen Schalter um und verändert die Sichtweise und bringt einiges wieder ins Bewusstsein zurück. Mit 384 Seiten gibt es einiges zu lesen und dennoch wollte ich dieses Buch am liebsten nie aus der Hand legen. Es ist informativ und spannend und bringt so viele Gedanken ins rollen, dass ich mich auch nach dem Lesen noch lange damit auseinandersetzen werde. Was besonders deutlich wird ist die Tatsache, dass Erziehung immer eine Mehrgenerationenaufgabe war und nie alleine auf einer Mutter oder Kernfamilie lastete. Ein Kind kann so viel lernen, wenn verschiedene Generationen verfügbar sind und ein stabiles Netz besteht. Und dabei lernt es nicht nur von Erwachsenen, sondern auch von anderen Kindern, die vielfältige Aufgaben übernehmen. Und es lernt auch dadurch, dass es schon sehr früh in familienzentrierte Aufgaben einbezogen wird und sich nicht alles um kindzentrierte Bespaßung dreht. „Nehmen Sie sich täglich eine Auszeit, in der Sie ihr Kind weder unterhalten, noch ihm Anweisungen geben.“ Hier wird deutlich, wie sich die Familie als funktionierendes Team versteht und diese Werte auch an die Kinder weiter gibt. So ist die Erfahrung der Autorin beispielsweise die, dass die Maya besonders hilfbereite und koopertative Kinder haben. Bei den Inuit lernt sie sehr viel über den Umgang mit Wut. Team, was bedeutet das? Teamwork Ermutigung Autonomie Minimales Eingreifen Diese Sichtweise spricht mich sehr an. Jede Familie sollte sich diese kleine Gedankenstütze gut sichtbar irgendwo aufhängen, denn es vereinfacht so viel. Ich ertappte mich in diesem Buch sehr oft dabei, dass ich bestimmte Ansätze auch aus der Montessoripädagogik kenne und werschätze und dabei wieder daran erinnert wurde, dass viele dieser Sichtweisen auch im Alltag so schnell vergessen werden. Man sollte achtsamer sein, in dem was man tut und wie man spricht um eine gute Beziehung zu seinem Kind zu finden und zu erhalten. Beachtenwert empfand ich das in sich Ruhen, das alle diese indigenen Völker zu leben scheinen. Erwachsene, die Kind anschreinen gelten als unreif, sie werden ausgelacht. „ Schau, er benimmt sich wie ein Kind!“ Schreie nie ein Kind an! Kinder die oft angeschrien werden hören nicht mehr zu. Wie wahr. Wenn es doch immer so einfach wäre. Mit etwas Übung vielleicht schon. Vielleicht reicht es schon, die Sichtweise auf das Kind zu ändern, die emotionale Intelligenz nicht zu überschätzen. Was deutlich wird ist auch der Schwall an Redefluss, der in der westlichen Kultur auf Kinder eiprasselt. Sie sind von morgens bis abends Anweisungen und Verbesserungen ausgesetzt. Weniger Worte, dem Kind mehr zutrauen und zur eigenen Ruhe zurückfinden können so viel bewirken. Das alles und noch viel mehr fasst die Autorin am Ende jedes Kapitels in wertvollen, alltagstauglichen Tipps zusammen, so dass man immer wieder reinlesen kann ohne den Überblich zu verlieren. Sicher passt nicht alles für jeden gleichermaßen, manches mag man anders sehen oder nochmal hinterfragen. Aber alles in allem ist dies ein wunderbares Buch aus dem man sehr Wissen und Hilfe herausziehen kann. Es ist sehr gut recherchiert, zum Teil mit wissenschaftlichen Hintergrundinformationen. Die Autorin erzählt von ihren Erfahrungen mit ihrer eigenen Tochter und spricht hauptsächlich Mütter an . Der Vater oder die Kernfamilie als Ganzes, egal in welcher Form findet dadruch in diesem Buch keine besondere Erwähnung. Man könnte dies als Kritikpunkt anbringen, mich persönlich störte dies aber nicht. Mir persönlich hat dieses Buch sehr viel gegeben und die Inhalte werden noch lange nachwirken. Ich möchte es allen Eltern sehr ans Herz legen, dieses Buch zu lesen. Herzlichen Dank an den Kösel Verlag und das Bloggerportal für dieses wunderbare Rezensionsexemplar.

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.