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Rezension zu
Das Geheimnis meines Turbans

Eine unglaubliche Geschichte

Von: booq_cafe
25.10.2021

Die Biografie von und über das Leben der Afghanin Nadja Ghulam, aufgeschrieben von Agnès Rotger, berührt tief. Es kommen mehrere Faktoren zusammen, die jede für sich genommen eine lesenswerte Biografie wert sein könnten. Einerseits erfährt man Einiges über eine durch den afghanischen Bürgerkrieg gezeichnete und zerrissene Familie, die zahlreiche Schicksalsschläge zu ertragen hat, von denen wir uns in der kriegsfreien westlichen Welt keine wirklichen Vorstellungen machen können. Andererseits geht es um das besondere Schicksal einer Person, die durch den Krieg ganz besonders gezeichnet ist und am Rande des Aussätzigen behandelt wird. Und schließlich ist diese Person ein Mädchen, welches trotz aller Widrigkeiten allein die gesamte, in Armut verfallene Familie ernähren und sich dazu für alle Welt in einen Jungen verwandeln muss, denn als Mädchen wäre sowas unter den Taliban nicht möglich gewesen. Indem man als Leser durch das Leben von Nadja aus der Ich-Perspektive geführt wird, scheint man hautnah dabei zu sein. Nadjas Lebenswille, der dabei zum Ausdruck kommt, ist höchst beindruckend und erscheint fast übermenschlich. Man kann kaum glauben, dass ein Mensch das alles schaffen und ertragen kann. Das Ganze wird in relativ einfachen, leicht verständlichen Worten und unkomplizierten Sätzen erzählt, was der Sache angemessen ist. Das Buch lebt von den zahllosen, aus europäischer Sicht ungewöhnlichen Lebensumständen und Erlebnissen. Diese Erlebnisse werden in kurzen Episoden entsprechend kurzweilig erzählt. Die Spannung bleibt allein dadurch erhalten, dass Nadjas Leben ständig Veränderungen unterworfen ist, und man als Leser unbedingt wissen will, wie es weitergeht, auch wegen des Doppellebens des als Junge verkleideten Mädchen. Der aufmerksame Leser bekommt dabei wie nebenbei Einiges von der afghanischen Lebensweise mit. Am Ende des Buchs kann man sich das Leben in Afghanistan unter der Talibanherrschaft und die Schwierigkeiten und Diskriminierungen von Frauen in einer solchen Gesellschaft deutlich klarer vorstellen.# Besonders nachdenklich machen die Passagen, in denen sich Nadja erniedrigt fühlt, wenn sie wegen ihrer Entstellungen bedauert wird, anstatt zu sehen und anzuerkennen, dass sie es schafft für sich (und ihre Familie) ganz alleine zu sorgen. Auch das öffnet einem die Augen, denn es erinnert daran, Behinderte auch in „dieser Welt“ nicht zu bemitleiden sondern ihnen normal zu begegnen. Besonders freut man sich zu sehen, dass Nadja trotz allem viele gute Freunde findet, Jungen natürlich, denn sie gibt sich ja als Junge aus. Geboren 1985 war die Autorin bei der Veröffentlichung der spanischsprachigen Erstausgabe im Jahre 2010 erst 25 Jahre alt. Entsprechend früh endet daher die Biografie und lässt Fragen offen, die in den meisten Büchern im Nachspann beantwortet werden, um die Neugier des Lesers zu stillen. Hier aber liegen die Antworten in der Zukunft, so dass man das Buch etwas unbefriedigt schließt. Das regt zum weiteren Denken an.

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