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Rezension zu
Das Adressbuch der Dora Maar

Dora Maar: Legende der modernen Kunst und Geliebte Picassos

Von: Lesereien
29.08.2021

Brigitte Benkemouns Ehemann kauft sich eine Lederhülle für sein Adressbuch bei Ebay, doch als Benkemoun die Hülle aufschlägt, ist diese nicht leer, sondern enthält bereits ein kleines, vollgeschriebenes Adressbuch mit den privaten Adressen der großen Künstler des Surralismus und der modernen Kunst. Von Cocteau, Chagall und Giacometti bis Signac und Braque finden sich auf zwanzig Seiten die Namen berühmter Dichter, Maler, Künstler und Persönlichkeiten der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Doch wem dieses Adressbuch gehört haben könnte, bleibt zunächst ein Geheimnis. Benkemoun setzt sich in den Kopf, es herauszufinden, entziffert mühselig dieses “Who is Who der Nachkriegszeit”, ist sich bald sicher, dass die Besitzerin eine Frau gewesen sein muss und stößt schließlich auf den Eintrag “Architekt Ménerbes”. Ménerbes, ein Ort im Süden Frankreichs, war lange Zeit Wohnort von Dora Maar. Die Besitzerin des Adressbuchs ist damit gefunden. Ausgehend von den Namen und Adressen im Buch und durch die Hilfe von Zeitzeugen, Biographien, Telefonbüchern und sogar einem Grafologen zeichnet Benkemoun das Leben Dora Maars nach, die der Nachwelt vor allem durch das berühmte Porträt Picassos “Die weinende Frau” und als Geliebte Picassos in Erinnerung geblieben ist. Dabei war sie selbst Fotografin und später auch Malerin. Ihr Werk, das hat sie selbst schon erkannt, wie das folgende Zitat beweist, ist fast vollständig in Vergessenheit geraten: “Man kennt mich noch zu sehr als Picassos Geliebte, um mich als Künstlerin zu achten.” Für die Autorin ist die Beschäftigung mit Dora Maars Leben jedoch nicht immer leicht: “Ich tue mich schwer mit ihr. Am schwierigsten ist es, sich an eine so andersartige und bisweilen so wenig sympathische Frau zu binden.” Schon früh in ihren Recherchen erfährt sie, dass Maar in ihrer Wohnung eine Ausgabe von “Mein Kampf” stehen hatte. Das Buch geht deshalb auch der Frage nach, wie eine junge Frau, die gegen den Faschismus gekämpft hat und links war, sich dieser Art von Bitterkeit und Misanthropie verschreiben konnte. Es gelingt der Autorin zu zeigen, wie Maar immer mehr in den Wahnsinn abdriftet, unter Psychosen leidet, wie sie beginnt, an Übernatürliches zu glauben, von Jacques Lacan behandelt wird und sich in einer Heilanstalt der brutalen Elektroschocktherapie unterziehen muss. Das Buch befreit Dora Maar und ihr Werk aus der Vergessenheit und auch wenn es sie nicht von dem Schatten Picassos, der über ihrem Leben hängt, befreien kann, so ist das Bild, das der Leser nach der Lektüre von Dora Maar hat, vielschichtiger und wird ihrer Persönlichkeit gerechter. Benkemoun beschönigt oder verherrlicht ihre Protagonistin dabei nie, sondern zeigt sie mit all ihren Facetten, als Fotografin und Geliebte, aber auch als Wahnsinnige und Verrückte. “Das Adressbuch der Dora Maar” ist ein Zeitreiseführer in die Welt der Surrealisten und in die Pariser Künstlerszene. Er gewährt tiefe Einblicke in die Beziehungen der Künstler untereinander, zeigt auf, wie sich ihre Wege kreuzen, wie Freundschaften entstehen und wieder auseinanderbrechen, schneidet Biographien an und lässt die Dichter, Maler, Fotografen und Freunde selbst zu Wort kommen. Er wird Dora Maar, ihrem Umfeld und ihrer Zeit in jeder Hinsicht gerecht und ist eine Bereicherung für jeden Leser.

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