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Rezension zu
Der Tyrann

Shakespeares Tyrannen - aktuell auch heute

Von: Agathe_liest
25.07.2021

"Wie ist es möglich, dass ein ganzes Land einem Tyrannen in die Hände fällt?" Seite 9 Dieser noch immer aktuellen Frage stellt sich der Harvard-Professor Stephen Greenblatt und nimmt dafür William Shakespeares Werke zur Hand, die sich als erstaunlich profunde Quelle für Erklärungsansätze eignen. Denn schon im ausgehenden 16. Jahrhundert hat der Dramatiker das Wesen der Gesellschaft und die inneren Antriebe von späteren Tyrannen aufs Genaueste seziert und beschrieben. An der Aktualität gemessen fallen natürlich unmittelbar und ohne Schwierigkeiten einige neuzeitliche Machthaber in dieses Raster hinein - und auf verstörende Weise lassen sich elementare Ähnlichkeiten im sozialen Verhalten, dem Machtmissbrauch und damit einhergehender Skrupellosigkeit herleiten - ebenso wie in dem gesamtgesellschaftlichen Verhalten, das oftmals fassungs-, aber auch willenlos dem Machtstreben eines offensichtlich Ungeeigneten zuschaut oder sich gar als willige Gehlfen in Eigeninteresse um den Emporkömmling sammeln. Ist der Mensch bzw. die Gesellschaft unfähig zu lernen? Es scheint so. "Ziel ist es, Chaos zu erzeugen; das soll die Bühne bereiten für die Machtergreifung des Tyrannen." Seite 43 Auf eine kurze kulturhistorische Einführung ins Elisabethanische England folgen klare Bezüge auf Shakespeares große Werke, die die Tyrannei in den Mittelpunkt stellen. Es wird aufschlussreich dargelegt, wie schon bei Richard III., Coriolan und Macbeth die Mechanismen des Bösen greifen, wie sehr Lügen und Intrigen auch hier bereits zum (kurzfristigen) Erfolg des Tyrannentums geführt haben. Diese Zusammenhänge zwischen Shakespeares Dramaturgien und aktuellen Entwicklungen aufzuzeigen gelingt dem Autor auf nahezu geniale Weise. Hochinteressant, mit wieviel Fachwissen Greenblatt hier umgeht, wie lesbar es trotzdem aufbereitet ist. Faszinierend und zugleich schlüssig legt er dar, dass sich die eigentliche Seele der menschlichen Gesellschaft in ihrem Inneren seit Shakespeares Zeiten nicht verändert hat. Es bleiben dieselben menschlichen Automatismen, dieselben Ängste, ob begründet oder nicht, dieselben Vorbehalte gegen Fremdes und Neues. Das macht das Werk des großen William so zeitlos und intensiv aktuell. Er wusste, dass sich das Wesen des Menschen nicht ändert. Sehr spannend war für mich, die Intention Shakespeares hinter einigen Dramen zu entdecken. Hier werden Sichtweisen angeboten, die ich so noch nie bedacht hatte.. Eine große Erweiterung meines Shakespeare-Erlebens und auch der Einordnung heutiger diktatorischer Aufkommen. Wer sich also jemals gefragt hat wie es möglich war, dass jemand wie Donald Trump an die die Macht gelangen konnte, der kann bei Shakespeare nachlesen. Oder bei Greenblatt, der dies meisterlich verknüpft. Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung für die, die sich von der Aktualität von Shakespeares Werk überzeugen möchten - und die entdecken möchten, wie Tyrannen dann letztlich doch an sich selbst scheitern - weil das Schlechte niemals siegen kann. "Shakespeare war überzeugt, die Tyrannen und ihre Günstlinge würden am Ende scheitern, an ihrer eigenen Bösartigkeit und an einem Geist der Menschlichkeit, die sich zwar unterdrücken,aber nie ganz ausrotten lasse." Seite 207

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