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Rezension zu
Klara und die Sonne

Wohin und wonach streben wir?

Von: Yvonne S.
05.07.2021

„Glaubst du an das menschliche Herz? Ich meine natürlich nicht einfach das Organ, sondern spreche im poetischen Sinn. Das Herz des Menschen. Glaubst du, dass es so etwas gibt? Etwas, das jedes Individuum besonders und einmalig macht?“ […] „Das Herz, von dem Sie sprechen […]. Das könnte tatsächlich das Schwierigste sein, das ich zu lernen habe.“ (S. 251 f.) Klara ist eine sogenannte KF, eine „Künstliche Freundin“, ein einem jungen Mädchen nachempfundener Roboter, dazu geschaffen, Kindern, deren Eltern zu wenig Zeit für ihren Nachwuchs haben, als Gefährtin zu dienen. Klara steht mit anderen Artgenossinnen und -genossen im Shop, wartet darauf, von einem Kind ausgewählt zu werden, um ihm fortan zur Seite zu stehen. Klara beobachtet, nimmt auf, stellt Zusammenhänge her – und sehnt sich nach der Sonne, die ihr Energie spendet. Dank der ausgefeilten selbstlernenden Künstlichen Intelligenz, auf der ihre Software basiert, ist Klara in besonderer Weise „empathisch“, sie „erspürt“ die kleinsten Regungen und Stimmungsumschwünge ihrer Besitzerin Josie. Und das ist auch notwendig, denn Josie ist eine „Gehobene“, ein besonders begabtes Mädchen, dessen überdurchschnittliche Begabungen nicht nur eine spezielle Förderung erfordern, sondern auch mit einer fragilen physischen Gesundheit einhergehen. Klara will Josie helfen, sie gesund machen – und was könnte dazu besser geeignet sein als die Sonne? Am Beispiel der Ich-Erzählerin Klara, die ungeachtet ihrer Artifizialität bisweilen humaner wirkt als die meisten Menschen in ihrem Umfeld, entwirft Kazuo Ishiguro ein Bild einer zeitlich und ideologisch nur allzu nahen Zukunft, die geprägt ist von Künstlicher Intelligenz, Genom-Editierung und Leistungsoptimierung. Ishiguro gibt in seinem Roman keine Antworten. Aber er wirft Fragen auf: wohin und wonach wir streben, wo Menschlichkeit beginnt und wo sie endet, und nicht zuletzt, ob der feste Glaube an eine höhere Macht – man mag es Religiosität oder Spiritualität nennen – nicht unvermeidbar ist. „Klara und die Sonne“ ist ein Buch, das lange in mir nachgewirkt hat. Deshalb: große Leseempfehlung!

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